Europäische Gruppentherapie und neue Männlichkeit im Tiroler Bergdorf

Shownotes

Die „Europe in the World Days“ sind eröffnet. Auf dem Podium wurde darüber diskutiert, ob Europa genug mitmischt bei der Weltpolitik und wie es sich im Krieg zwischen Russland und der Ukraine und im Zollstreit mit Trump positionieren muss. Drei Ministerinnen aus Europa, darunter Österreichs Beate Meinl-Reisinger (Neos), Jan Lipavsky (Tschechien) und Oana Toiu (Rumänien) debattierten mit Erste-Group-Chef Peter Bosek und Wolfgang Ischinger von der Münchner Sicherheitskonferenz. Sie alle mahnten mehr Selbstbewusstsein und Kooperation der Europäer ein.

Eva Winroither war beim Seminar über Maskulinität dabei und hat Sprechchöre und Gesangseinlagen mitgebracht. Christine Mayrhofer wiederum hat zugehört, was das Künstlerinnenkollektiv Radikale Töchter rund um Cesy Leonard mit ihrer Arbeit auch in Alpbach bewegen wollen.

Und wir sprechen mit Thomas Goger, er ist Oberstaatsanwalt und stellvertretender Chef der Zentralstelle Cybercrime Bayern. Er und sein Team heben Pädophilen-Ringe weltweit aus oder bringen Kryptobetrüger vor Gericht, die Menschen um Millionen Euro gebracht haben, er erzählt uns, wie man den Cyberkriminalität im großen Stil bekämpfen kann und die Köpfe dahinter vor Gericht bringt.

Folge eins: Die Heritage Foundation in Alpbach und wie Othmar Karas das EFA politisch relevanter machen will

Tipp: Kommen Sie zu unserem Live-Podcast: Sie können dabei sein, wenn eine Folge unseres Podcasts entsteht: Wir laden am Dienstag, dem 26. August von 12:30-13:30 zum sogenannten Brown-Bag-Lunch in der CCA – Loggia und nehmen dort einen Live-Podcast auf. Die Gäste werden noch bekannt gegeben.

„Was in Alpbach wichtig ist“ ist ein Kongresspodcast, ab 23. August 2025 täglich auf der „Presse“-Webseite, in der App auf Apple, Spotify, YouTube und allen gängigen Podcatchern.

Schreiben Sie uns! Wir freuen uns auf Feedback und Kritik unter podcast@diepresse.com

Der "Presse"-Podcast aus Alpbach wird unterstützt von der Erste Group.

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Transkript anzeigen

00:00:00: * Musik *

00:00:02: Wenn sich im Ort zu Kuglocken und Traktorengeräusche

00:00:16: eine ganz andere Soundkulisse gesellt,

00:00:19: dann ist das Effer voll angelaufen.

00:00:22: Man hört dem Ort die internationalen Gäste an.

00:00:25: Was in Alpbach wichtig ist.

00:00:28: Wir sind auf einem Kumpel weg.

00:00:30: Das Kongressjournal zum Hören in "5 Teilen".

00:00:33: Dieser Presse-Podcast wird unterstützt von der 1. Group.

00:00:41: Willkommen bei Folge 2 unseres Podcasts,

00:00:45: in der wir uns auch mit den kreativen Seiten des Vorarms befassen.

00:00:49: Immerhin soll es Raum für neue Ideen und Visionen bieten,

00:00:52: aber eben auch Platz für Ansätze, die den alltäglichen Rahmen sprengen.

00:00:57: Ich war zu Besuch im Seminar "Mähnlichkeit, neu denken".

00:01:01: Und wer jetzt entsetzt die Augenrollt?

00:01:03: Hier wurde nicht darüber deportiert, wie schlecht alle Männer sind

00:01:07: oder das Patriarchat durch das Dorf getrieben.

00:01:09: Sondern es ging um eine kreative Aufarbeitung des Themas.

00:01:12: Es wurde also auch getanzt und wie sie eben gehört haben,

00:01:16: lautstark gemeinsam gesungen.

00:01:18: Warum das Thema "Mähnlichkeit"?

00:01:20: Erklärt haben mir, dass die Organisatoren des Seminars.

00:01:23: Wiebgerademacher, Professorin für Kunst- und Kulturvermittlung

00:01:26: an der Musik- und Kunst-Privatuniversität der Stadt Wien

00:01:29: und Simeon Olsen.

00:01:31: Wir glauben, dass das ein Thema ist, was alle angeht,

00:01:34: was einfach auch in der Luft liegt und was für uns einfach sehr spannend war,

00:01:38: künstlerisch zu bearbeiten.

00:01:39: In diesem Jahr sind eben Olivier Benoît, der Countertenor ist,

00:01:42: also in einer sehr hohen Stimmlage singt

00:01:45: und Simeon Olsen, der Tänzer, ist und auch relativ spät angefangen hat,

00:01:48: zu tanzen, als Chairs dabei.

00:01:51: Und die haben beide in ihrer eigenen Biografie gemerkt,

00:01:53: dass sozusagen ihre Kunstform, ihrer künstlerische Ausdruck

00:01:57: zum Teil einem sozusagen ganz klassischen Männlichkeitsbild entgegensteht

00:02:01: und sie sich sozusagen erst hineinfinden mussten

00:02:03: in diese künstlerische Auseinandersetzung.

00:02:07: Und deshalb finden wir es eben gerade mit diesen Kunstformen

00:02:09: unglaublich spannend, damit zu arbeiten.

00:02:12: Merkt ihr, ist es einfach auch wichtig,

00:02:14: dass man eben auch kreativere Ansätze hört,

00:02:16: um solche großen Themen sozusagen zu verhandeln.

00:02:18: Weil sonst ist es ja oft nur reden, reden, reden und sonst halt wenig.

00:02:21: Also ich finde, die große Stärke, die Kunst hat gegenüber

00:02:25: allen Diskursformaten ist, dass sie Ambivalenzen zulässt.

00:02:28: Das heißt, wir müssen nicht immer klare Antworten genau sagen,

00:02:31: es ist so oder so und uns zustimmen oder widersprechen,

00:02:34: sondern wir können Gleichzeitigkeit zulassen,

00:02:36: wir können Ambivalenzen zeigen, wir können im Feld abstecken

00:02:40: und ausleuchten und ich glaube, deshalb ist Kunst wahnsinnig wertvoll

00:02:43: auch für politische Diskurse.

00:02:46: Letztes Jahr war ich bei einer kleinen Initiative von einem Club dabei,

00:02:50: wo das Thema Männlichkeiten quasi im Plural auch diskutiert wurde.

00:02:54: Das war bei einem sehr kleinen Rahmen und ich freue mich,

00:02:56: dass es dieses Jahr so ein Seminar quasi als Thema geschafft hat.

00:02:59: Und ich würde mir wünschen, dass es auch in größeren Zusammenhängen

00:03:03: diskutiert wird quasi, weil es, glaube ich, die Art,

00:03:06: wie wir über zum Beispiel mit der Klimakrise umgehen

00:03:08: oder auch wie wir Politik machen, wenn wir uns Bilder anschauen.

00:03:12: Ich glaube, da spielt Hegeminale Männlichkeit eine große Rolle,

00:03:15: ist aber oft nicht explizit benannt, sondern nur sehr implizit.

00:03:19: Und wie hört sich das an, wenn stipendiaten zu einem Thema

00:03:22: kreativ aufarbeiten?

00:03:24: Daraus entstand unter anderem ein Sprechkor

00:03:26: mit verschiedenen männlichen Zuschreibungen,

00:03:28: die gerne gemacht werden.

00:03:30: Ohne Anspruch auf Richtigkeit oder Vollständigkeit.

00:03:34: Men are sensitive.

00:03:37: Men should reflect about themselves.

00:03:39: Men have feelings.

00:03:41: Men are lonely.

00:03:42: Men are very stronger.

00:03:43: Men should allow their emotions.

00:03:45: Men have a little power.

00:03:47: Men have feelings.

00:03:48: Men should have more sleepover.

00:03:51: Men should have more sleepover.

00:03:53: Men should be responsible.

00:03:55: Men should allow their emotions.

00:03:57: Men should grow together.

00:03:59: Men have power.

00:04:01: Men should grow together.

00:04:04: A very warm welcome to all of you to the opening of the year

00:04:10: of the World Days here in Alpbach.

00:04:11: Herzlich willkommen.

00:04:15: Am Samstag Nachmittag wurde es politisch.

00:04:17: Bei der Eröffnung der Europe in the World Days

00:04:20: im Rappelfollen-Kongresszentrum

00:04:22: ging es vorrangig um Europas Rolle im Krieg zwischen Russland

00:04:25: und der Ukraine, besonders nach dem Alaska-Gipfel

00:04:28: zwischen Trump und Putin.

00:04:30: Eva-Präsident Otmar Karas hat in seiner ersten

00:04:32: kurzen Eröffnungsrede selbstbewusst erinnert.

00:04:35: Europe is not small.

00:04:38: Ja, weil die EU sei eben Heimat für 450 Millionen

00:04:41: Bürgerinnen und Bürger.

00:04:43: Ein Selbstbewusstsein, das der Vorstand der Erste-Gruppe

00:04:46: Peter Bossek eher vermisst.

00:04:48: Er meinte, Europa würde viel zu oft abwarten,

00:04:59: bis es an den Tisch geladen werde

00:05:01: und statt sich selbst den Spiel zu bringen.

00:05:03: Apropos geladen, das waren bei diesem Pendelgärcht

00:05:06: drei Außenminister*innen, die aus Österreich

00:05:09: Beate Meidelreisinger konnte sich zu Beginn

00:05:11: einen kurzen persönlichen Hinweis nicht ganz vergneifen,

00:05:14: für den sie schließlich auch viel Zuspruch erntete.

00:05:17: Aber dann ging es schon zur Sache.

00:05:36: Es entwickelte sich eine lebendige Diskussion

00:05:39: mit Meidelreisinger*s Amtskolleg*innen

00:05:41: Ohana Toyu aus Rumänien und Jan Lipavsky aus Tschechien,

00:05:46: die streckenweise Züge einer europäischen Gruppentherapie hatte.

00:05:50: Meidelreisinger betonte da,

00:05:52: dass Europa endlich mit einer Stimme sprechen müsse.

00:05:55: Das einzige, was uns schwächer machen würde,

00:05:58: sei das ewige Veto eines Staates.

00:06:00: Und welchen sie damit meinte, war klar.

00:06:02: Auch Wolfgang Ischinger, langjähriger Leiter

00:06:05: der Europäischen Sicherheitskonferenz,

00:06:07: mannte mehr europäische Zusammenarbeit,

00:06:09: und zwar in Verteidigungsbelangen.

00:06:11: Die Diskussion, moderiert von Corinna Milborn von Pulse 4,

00:06:15: kann man übrigens auf dem Streaming-Dienst-Join nachschauen.

00:06:18: Die Szenerie vor dieser Eröffnung am Samstag Nachmittag,

00:06:26: von der meine Kollegin Anna Walner so eben berichtet hat,

00:06:29: die war übrigens genauso, wie man sich so etwas vorstellt.

00:06:33: Trockenes Grüßen und Händeschütteln

00:06:36: leicht angespanntes Warten auf wichtige Gäste vor dem Kongresszentrum.

00:06:41: Unterbrochen wurde das, mit ordentlicher Lautstärke,

00:06:45: von einer künstlerischen Intervention mit Musik,

00:06:49: lauten Rufen und störenden Sounds,

00:06:51: durchgeführt von Aktivistinnen in bunten, auffälligen Overlords.

00:06:56: Sessi Leonhardt und Isabel Garn

00:07:01: von der Berliner Organisation Radikale Töchter

00:07:04: haben im Laufe der ersten Woche

00:07:06: diese Intervention gemeinsam mit Stipendiatinnen und Stipendiaten erarbeitet.

00:07:11: Wir empowern durch Methoden der Aktionskunst

00:07:14: Menschen ins politische Handeln zu kommen zu ihren eigenen Themen.

00:07:18: Zu dem, was ihnen wichtig ist, was sie verändern wollen.

00:07:22: Wir sagen immer, von der Wut in den Mut.

00:07:25: Dabei geben wir ihm diese Methodiken an die Hand.

00:07:28: Es geht darum, eine laute, mutige Zivilgesellschaft zu kreieren,

00:07:32: die sich einsetzt für die Demokratie.

00:07:34: Das heißt, wir kitzeln ihren Mutmuskel, wie wir es immer so schön sagen.

00:07:38: Und versuchen genau zu ihren Themen, die sie auch hier bewegen,

00:07:43: die sie jetzt über die Tage des Forums auch bewegen und schon bewegt haben,

00:07:47: die quasi rauszukitzeln und damit kreativ zu arbeiten und zu überlegen,

00:07:51: wie können wir das angehen, wie können wir das ändern?

00:07:54: Und sie da auch ein bisschen zu begleiten und das Gefühl zu geben,

00:07:58: dass wir eine Stimme haben und uns wirklich dafür einsetzen können,

00:08:01: dass wir wichtige Themen ändern wollen.

00:08:03: Für kritische Diskussionen unter den Stipendiatinnen und Stipendiatinnen

00:08:07: hat da insbesondere einmal mehr

00:08:10: der Gast Neil Gardner von der Heritage Foundation gesorgt.

00:08:14: Dazu hören sie in einer der kommenden Folgen mehr.

00:08:17: Fürs erste merken wir uns, der Mutmuskel ist also etwas,

00:08:22: das man trainieren kann.

00:08:23: Ich würde sagen, dass es total wichtig ist,

00:08:26: dass wir uns alle einbilden für eine gerechte demokratische Gesellschaft.

00:08:30: Und es fällt einigen Leuten vielleicht leichter,

00:08:32: sich mehr einzubringen als anderen.

00:08:35: Das heißt aber nicht, dass wir diesen anderen Personen auch nicht zuhören sollten,

00:08:38: nur weil es aus irgendeinem Charaktereigenschaft

00:08:41: oder aus einer biografischen Herkunftsfrage

00:08:44: vielleicht nicht so einfach ist, irgendwie seine Stimme zu vermitteln

00:08:46: und seinem Anliegen Gehör zu verschaffen.

00:08:48: Deswegen finde ich, ist es total wichtig, dass wir das hier auch üben

00:08:53: und dass wir mit den Stipendiatinnen genau da auch hingehen,

00:08:57: wo wir eben merken, es fällt vielleicht einigen nicht so leicht

00:09:00: oder eben, da gehen die Meinungen auseinander.

00:09:03: Ohne Mut wird es wohl kaum gelingen,

00:09:05: die europäische Demokratie zu verteidigen,

00:09:08: da sind sich hier die meisten einig.

00:09:10: Auch wenn es nicht in allen Seminaren

00:09:12: so kreativ und künstlerisch zugegangen ist.

00:09:15: Ich persönlich freue mich ja immer besonders,

00:09:21: wenn in Alpach Menschen zu Gast sind, die Großes bewirkt haben

00:09:25: und die trotzdem kaum jemand kennt.

00:09:27: Ich darf Ihnen heute daher Thomas Goga vorstellen.

00:09:31: Er ist Leitender Oberstaatsanwalt

00:09:33: und stellvertretender Chef der Zentralstelle Cybercrime Bayern.

00:09:37: Klingt sperrig, ist es auch.

00:09:39: Aber dahinter verbirgt sich enorm viel, auch menschliches Drama.

00:09:44: Thomas Goga hat vor zehn Jahren mit einem Kollegen begonnen,

00:09:47: eine der größten Einheiten zur Verfolgung von Cyberkriminalität

00:09:51: in Europa aufzubauen.

00:09:53: Er und sein Team heben internationale Pädophilen-Plattformen aus,

00:09:57: oder bringen Krypto-Betrüger vor Gericht,

00:09:59: die Menschen um Millionen Euro gebracht haben.

00:10:02: Aber nicht die kleinen Handlanger, die Köpfe der Banden.

00:10:06: Wer diese Menschen sind und welche ungewöhnlichen Wege,

00:10:09: die er mittler gehen, um die Verbrecher zu schnappen,

00:10:12: das hat er mir für diese Folge erzählt.

00:10:14: Was wir ganz gut geschafft haben in den letzten 50 Jahren,

00:10:18: ist bei einer ganz bestimmten Form von Cyberkriminalität,

00:10:21: nämlich diesen Online-Investment-Betrug,

00:10:23: uns von unten nach oben in der Täter-Hirarchie vorzuarbeiten.

00:10:26: Wir haben angefangen, uns die Callcenter anzuschauen in Südosteuropa.

00:10:30: Das heißt schon mal, wir haben uns nicht gescheut,

00:10:32: auch über Grenzen hinwegzuarbeiten.

00:10:34: Wir haben uns konsequent nach oben in der Hierarchie-Leiter

00:10:36: dieser Täterstruktur hochgearbeitet.

00:10:38: Wir haben mittlerweile ein sehr gutes Verständnis,

00:10:41: wie diese kriminelle Industrie organisiert ist und arbeitet.

00:10:44: Das führt am Ende des Tages dazu,

00:10:46: dass wir dann auch tatsächlich die CEOs und CFOs

00:10:48: dieser kriminellen Synthekate irgendwo im Ausland festnehmen lassen

00:10:52: und nach Deutschland ausliefern lassen können.

00:10:54: Wie funktionieren solche Organisationen?

00:10:57: Man hat es in diesem Bereich Online-Investment-Scam

00:10:59: an sich tatsächlich mit einer regelrechten Industrie zu tun.

00:11:02: Die Hochgradig-Arbeitsteilig-Vorgehr, da gibt es die Geschäftsweige,

00:11:05: die sich nur darum kümmern, Anzeigen auf Social Media zu schalten,

00:11:09: mit Prominenten, die angeblich für irgendwelche tollen Anlageprodukte werben.

00:11:13: Das ist eine Industrie für sich selbst.

00:11:16: Die hat damit in späteren Betrügereien gar nicht mal so viel zu tun.

00:11:19: Dann gibt es richtiggehende Unternehmen,

00:11:21: die die Software für diese betrügerischen Trading-Plattformen anbieten.

00:11:24: Sie kriegen dann als Opfer einen Zugang zu so einer Trading-Plattform.

00:11:27: Da können Sie dann zuschauen, wie Ihre Investments

00:11:29: immer weiter steigen angeblich.

00:11:31: Das ist natürlich alles nur Lug und Druck.

00:11:33: Da ist gar nichts investiert, das Geld ist weg.

00:11:35: Aber das macht eine eigenständige Industrie,

00:11:36: diese Software anzubieten und zu entwickeln.

00:11:38: Dann gibt es die Call Center, das ist ein Geschäftsweig für sich selbst, der wird von

00:11:43: der Call Center Managerin überwiegend in Ost und Südosteuropa betrieben. Das sind

00:11:47: ganz oft auch sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse. Da wird vor Ort

00:11:50: auch Steuern gezahlt, soll ja alles so ausschauen wie ein legales Business. Und dann gibt es natürlich

00:11:55: diejenigen, die dann am Ende des Tages dafür verantwortlich sind, die Opfer auch zu melken,

00:11:59: das ist wieder ein ganz eigener Geschäftsweig. Also man muss sich ein bisschen davon verabschieden,

00:12:03: dass Cybercrime was ist, was irgendwie aus dunklen Kälern von Häkern und Hoodies begangen wird,

00:12:09: sondern man hat es da richtig geht mit organisierter Kriminalität zu tun, die aus den besten

00:12:13: Adressen der jeweiligen Länder heraus operiert. Aber wenn die zum Beispiel Steuern zahlen,

00:12:18: sind die dann nicht eigentlich relativ leicht zu mir wischen, weil die man irgendwo scheinen,

00:12:22: die dann ja auf? Na ja, nach außen sind das ganz normale Call Center, die ganz normale Call

00:12:27: Center Dienstleistungen anbieten, dass die Auftraggeber im kriminellen Bereich agieren,

00:12:31: das sieht man dann natürlich jetzt mal auf den ersten Blick überhaupt nicht. Was es uns allerdings

00:12:35: tatsächlich leicht macht, ist, dass wir ganz hervorragende Zusammenarbeit mit unseren ausländischen

00:12:40: Partnerinnen und Partnern haben. Das ist unser großes Glück, dass die Kriminellen immer noch

00:12:44: nicht verstanden haben, wie gut grenzüberfreitende Zusammenarbeit eigentlich in Europa, aber auch

00:12:49: darüber hinaus funktioniert. Das müssen Staatsanwälte auch erst lernen. Das ist immer so, wenn man

00:12:54: Staatsanwalt irgendwas auf den Tisch kriegt, wo man dann ins Ausland gehen muss, Rechtshilfe,

00:12:58: dann kriegt man erst mal Pickle, weil man sich denkt, das ist ja dann bestimmt vollkommen

00:13:02: kompliziert und es geht überhaupt nicht. Wenn man das mal probiert hat, wenn man mal über die

00:13:06: Kontakte hat, auch da keine Schäume hat, dann ist es eigentlich heutzutage in Europa echt für uns

00:13:11: keine Besonderheit mehr. Es gibt ja kein nationales Cybercrime. Also ein Cybercrime-Pfall, der mit

00:13:17: nur deutscher Technologie, nur deutsche Opfer, durch nur deutsche Täter schädigt, so ein Fall

00:13:22: kann ich mir ja nicht mal ausdenken. Das heißt, wir müssen einfach international und grenzüberfreitend

00:13:26: arbeiten. Aber ist nicht genau das das Schwierige? Ich habe vor einiger Zeit ein Interview mit

00:13:30: österreichischen Beamten geführt, die in dem Feld tätig sind und ich habe gemeint, genau das

00:13:36: ist das riesige Problem, die internationale Zusammenarbeit. Ja, das hört man oft, dass das

00:13:40: alles so schwierig und so problematisch ist und in bestimmten Ländern ist es das auch. Das will

00:13:44: ich jetzt gar nicht kleinere reden. Wir haben eine andere Art von Onlinebetrug, die schwerpunktmäßig

00:13:49: aus Südostasien heraus begangen wird, aus Myanmar, Laos, Thailand, die Ecke. Da ist es natürlich

00:13:56: jetzt ausgesprochen schwierig. Aber nochmal, wenn ich mir jetzt allein unsere Online-Investment-Betrüger

00:14:01: anschaue, wir hatten gemeinsame Action Days, also wirklich mit deutschen Staatsanwälten und deutschen

00:14:06: Polizisten auch in die Länder gegangen sind, in nahezu allen Balkan-Staaten, in der Ukraine,

00:14:11: in Georgien, auf Zypern, in Israel. Hintermänner sind festgenommen worden, in Costa Rica, am

00:14:18: Flughafen in Paris und was weiß ich noch überall. Also die internationale Zusammenarbeit funktioniert

00:14:24: tatsächlich deutlich besser, als man glaubt. Und unsere Erfahrung ist schon, wenn ich das vielleicht

00:14:28: ein bisschen hemmt zusammen nicht formulieren darf, wo ein Wille da ist, tatsächlich auch in

00:14:32: vielen Stellen dann auch ein Weg, der uns offen steht. Was weiß man denn über diese großen

00:14:36: Köpfe dahinter? Naja, wenn ich mir jetzt unsere Online-Investment-Betrüger anschaube, die dann auch

00:14:42: ausgeliefert werden und die in Deutschland vor Gericht stehen. Ich glaube, wir haben jetzt vor

00:14:45: kurzem die hundertste Anklage erhoben. Die kommen schon aus ordentlichen Verhältnissen. Da ist natürlich

00:14:52: auch viel Geld gemacht worden, dementsprechend auch viel Geld für die Verteidigung verfügbar.

00:14:56: Alle einen sehr bürgerlichen Eindruck, alle hochgebildet, alle auch logischerweise sehr, sehr

00:15:02: erfolgreich in dem, was sie tun, gewandt auch in der Geschäftswelt. Das ist klassisches

00:15:06: White-Color-Crime. Also nochmal, das sind jetzt keine Hacker in Hoodies, sondern wenn sie dir auf

00:15:11: der Straße treffen, dann meinen sie, sie haben es mit dem redlichen Geschäftsmann zu tun. So ist

00:15:15: auch der Habit was ganz oft. Was treibt die an? Die Primärmotivation bei Kriminalität und es gilt

00:15:21: für Cybercrime und für diese Betrüger ja ganz, ganz besonders ist natürlich immer Geld und wo

00:15:26: Geld ist, da soll dann auch noch mehr Geld hin und Geld kann man auch nie genug haben. Also da ist

00:15:31: ganz klar die monetäre Motivation, die Triebfeder. Und die zahlen dann ihre Verteidigung mit dem

00:15:36: Geld, das sie? Das ist wichtig. Wir sind natürlich stolz darauf, dass es uns gelungen ist, so viele

00:15:43: Täter, auch hochrangige Täter zu ermitteln und nach Deutschland ausliefern zu lassen. Aber was uns

00:15:47: besonders stolz macht, ist, dass wir es in vielen Fällen tatsächlich auch geschafft haben, dass

00:15:52: Opfer zumindest teilweise in einigen Fällen auf Vollständigen schädigt werden. Wir haben also

00:15:58: im Bereich Vermögensabschöpfung Dinge gemacht, die andere nicht tun. Wir haben in der Ukraine

00:16:02: Luxusfahrzeuge für uns sichern lassen und nach Deutschland überführt und hier verkauft. Es sind

00:16:07: Immobilien in Costa Rica oder auch in Georgien momentan für uns gesichert mit dem Ziel, dass die am

00:16:13: Ende des Tages auch zu Geld gemacht werden. Und wenn die Täter erst mal gefasst und ausgeliefert

00:16:17: sind, dann ist natürlich schon eine starke Motivation da, nochmal auch Geld auf den Tisch zu legen,

00:16:22: um vielleicht Schadenswiedergutmachtung zu betreiben. Das ist tatsächlich etwas Besonderes. Und nochmal,

00:16:28: da sind wir wirklich auch stolz drauf, weil man sagt zwar, wenn man verbrechen darf, sich nicht

00:16:31: lohnen, aber wenn man das ganze sich anschaut, sind die Strafverfolgungsbehörden eigentlich im

00:16:36: Bereich Vermögensabschöpfung Rückführung von betrügerischen Geldern immer noch zu schlecht,

00:16:40: als dass wir da wirklich zufrieden sein können. Aber in dem Bereich Online Investmentscams ist

00:16:44: uns schon einiges gelungen die letzten Jahre. Das ist tatsächlich eine andere Info, als ich von

00:16:49: den Österreichern habe, die sagen, in den meisten Fälle bekommt man einfach sein Geld nicht zurück.

00:16:53: Was machen Sie, dass es eben geht? Zum einen mal wir sagen den Opfern und Geschädigten schon auch

00:17:00: immer relativ ehrlich, also geht mal davon aus, dass das Geld verloren und weg ist. Was für die

00:17:06: im Übrigen ja teilweise dramatisch ist. Das ist ja kein Spielgeld, dass da irgendwie investiert wird,

00:17:12: sondern da wird die Altersvorsorge investiert, da wird die Immobilie belastet etc., also die

00:17:17: Leute stehen in vielen Fällen vor dem Nix, also wir versuchen da keine großen Erwartungen zu becken.

00:17:21: Aber nachdem wir über so gut in belastbarer internationale Kontakte verfügen,

00:17:26: nachdem wir uns halt tatsächlich auch nicht scheuen, Dinge einfach mal auszuprobieren,

00:17:30: wir hatten vorher auch noch keine Autos in der Ukraine sichern lassen und schon gar nicht nach

00:17:34: Deutschland überführt. Das war für uns auch ein erstes Mal, wir haben es halt ausprobiert. Und das

00:17:38: hat geklappt. Und mittlerweile sehen wir auch ein bisschen, ohne dass das jetzt irgendwie

00:17:41: selbstgefällig klingen soll von unserem Ruf, die Täter, auch die, die wir noch nicht haben müssen

00:17:48: und kalkulieren mittlerweile auch ein, dass wir uns möglicherweise auch für sie organisieren und es

00:17:53: kommt schon auch gelegentlich mal vor, dass Beschuldigte oder vor allem dann die Verteilte der

00:17:57: Initiativ an uns herantreten und sagen ja, man man dann geht davon aus, dass wir uns auch für

00:18:02: ihn interessieren und eröffne dann Gespräche, was denn so geht, wenn man noch mal ein bisschen was

00:18:07: in Sachen Schaden wieder gut macht. Die Leute wollen ja Geld alle ausgeben, es macht ja sehr

00:18:11: keinen Spaß irgendwie die Millionen zu schäffeln und dann im eigenen Land sitzen zu bleiben für

00:18:15: alle Ewigkeiten. Die Leute wollen auch wieder reisen, wollen Grenzen überfreiten und genau das

00:18:19: sind ja die Punkte, wo sie dann Gefahr laufen, uns ins Netz zu gehen. Das heißt, wir sind einfach

00:18:24: kreativ und geht nicht, gibt es bei uns jetzt tatsächlich mal im Ansatz nicht, wir wollen

00:18:28: zumindest immer mal ausprobiert haben, ob wir gegen die Wand laufen. Das passiert uns auch,

00:18:33: also nicht jeder Versuch gelingt, aber wir sind vielleicht ein bisschen mutiger an der einen

00:18:38: oder anderen Stelle als andere. Ihre Stelle ist ja jetzt im Verhältnis wirklich groß, also es gibt

00:18:43: 30 Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, die jetzt nur auf das Thema Cybercrime spezialisiert sind,

00:18:49: das ist in Österreich im Moment unvorstellbar, aber sie haben ja noch viel mehr Mitarbeiter oder

00:18:55: Menschen mit denen sie zusammenarbeiten. Wer ist da auch in ihrer Stelle zentral? Zum einen, wenn

00:19:00: ich jetzt mal uns anschaue, bei uns arbeiten Juristen, also die Staatsanwälte und Staatsanwälte,

00:19:04: wir haben aber in den Haus auch IT-Fahrenziger, also Nerds, um es jetzt mal zuzuspitzen, die uns bei

00:19:10: technischen Problemen, die sich nicht von der Stange lösen lassen, dann auch in aushelfen

00:19:14: können. Was für uns aber auch wichtig ist Cybercrime und überhaupt jede Form von Kriminalität,

00:19:19: die mit Technologie zu tun hat, ist wahnsinnig schnell liebig. Und staatliche Prozesse jedenfalls

00:19:24: in Deutschland, weiß nicht ob es in Österreich besser ist, die sind alles nur nicht, nur nicht

00:19:28: besonders schnell. Deswegen müssen wir mal so ein bisschen gucken, wie wir in unsere Prozesse

00:19:32: Agilität reinbekommen, um jetzt auch nicht das technologische Rennen gegen die Straftäter von

00:19:37: vornherein zu verlieren. Deswegen strecken wir unsere Fühler auch immer sehr stark aus in Richtung

00:19:42: Wissenschaft und Forschung. Also wir kooperieren im Bereich Dark Web Kriminalität mit dem Niederländischen

00:19:47: Forschungsinstitut, wir kooperieren aber auch zum Beispiel, und das ist ja der Anlass, warum ich

00:19:51: jetzt hier in Alpbach bin, mit dem Komplexi des Science Hub im Wien, im Bereich Kryptowährungen,

00:19:56: weil wir einfach die Expektise der Wissenschaft angewiesen sind. Also sonst nutzt es gar nichts,

00:19:59: wenn ich dann in fünf Jahren eine technische Lösung für ein Problem bekomme, das sich mir

00:20:03: jetzt stellt, weil in fünf Jahren habe ich ganz andere Probleme. Und da ist der enge Austausch mit

00:20:08: der Wissenschaft wirklich für uns unumgänglich und wir sind wirklich wahnsinnig glücklich,

00:20:13: dass wir über die Kooperation mit den Kollegen in Wien beim Hub die Möglichkeit haben wirklich

00:20:18: unmittelbar von der Topfforschung im Bereich Kryptowährungen die Central Last Finance und

00:20:24: all dieses Zeug zu profitieren. Das hilft uns in unserer Arbeit wirklich unglaublich.

00:20:28: Was liefern die genau für Sie?

00:20:30: Naja, da geht es zum einen darum, Tools zu entwickeln. Da geht es auch darum, dann zu gucken mal, ob

00:20:36: wenn wir sagen, das oder jenes wäre jetzt schön in dem Ermittlungsverfahren oder die Fragen im

00:20:40: Umgang mit Kryptowährungen stellen sich jetzt, kriegt man das irgendwie umgesetzt in eine technische

00:20:45: Lösung oder aber wir haben vielleicht mal ein Stenare wo wir nicht zwei oder drei Kryptowährungszahlungen

00:20:52: analysieren müssen, sondern hunderte, tausende, zehntausende, kann man sowas vielleicht irgendwie

00:20:57: automatisieren, technisch das ist so der Input der vom Hub für uns geleistet wird. Umgekehrt

00:21:03: geben wir den Wissenschaftlern aber auch die Möglichkeit quasi ihre Hypothesen dann auch an

00:21:08: unseren echten Fällen zu testen. Das ist dann wiederum für die Wissenschaftler interessant,

00:21:12: wenn man tatsächlich auch mal gucken kann, wie passt das dann eigentlich, was man sich da im Labor

00:21:16: ausdenkt mit der echten Welt zusammen. Wir stellen dann auch unsere echten Daten zur Verfügung.

00:21:20: Ich glaube, diese Kooperation ist erstens ziemlich einzigartig und zweitens tatsächlich auch ziemlich

00:21:25: erfolgreich und wenn ich mir jetzt gerade, bleiben wir bei dem Fall in Österreich mit dem komplexen

00:21:30: Designs habe, wir hatten zum Beispiel jetzt vor ein paar Monaten eine große Aktion ist sicherlich

00:21:34: auch in Österreich berichtet worden, wo wir mit KitFlix eine riesige kinderpornografische Plattform

00:21:39: abgeschaltet haben, 1500 Nutzer so Roundabout identifiziert. Das hat tatsächlich auch ganz

00:21:45: maßgeblich etwas damit zu tun, dass wir Lösungen, die über das komplexe Designs

00:21:50: haben zu uns gekommen sind, auch in so einem Kontext einsetzen können. Und weil das Gespräch

00:21:55: mit Thomas Goga so aufschlussrecht war, haben sie hier nur einen kurzen Ausschnitt gehört.

00:21:59: Das komplette Interview können sie kommende Woche in unserem Nachrichten Podcast was wichtig ist,

00:22:04: hören. Einmal noch Politik und Ehrengäste in dieser Folge. Österreichs Bundespräsident Alexander

00:22:12: van der Bellen kommt wieder nach einem Jahr Pause, ist er diesmal bei der Eröffnung der Austrian

00:22:17: Europe Days am Dienstag dabei und er bringt seinen lättischen Amtskollegen Präsident Edgar

00:22:22: Rinkiewitsch mit. Sprechen werden außerdem ÖVP-Europa-Ministerin Claudia Plackräum,

00:22:27: 11er Präsident Karas und Vizepräsident Christian Kern und Markus Bayer, Generaldirektor des

00:22:33: in Brüssel tätigen Lobbingverbandes Business Europe. Das war schon Folge 2 von Staffel 6

00:22:40: unseres Podcasts vom Europäischen Forum Albach. Noch bis zum 27. August melden wir uns jeden Tag

00:22:46: mit Updates aus dem Tiroler Bergdorf. Erreichen können Sie uns wie gewohnt unter podcast@diepresse.com.

00:22:52: Wir freuen uns wirklich über Feedback. Schreiben Sie uns wie Sie diese Folgen gefunden haben,

00:22:57: wenn Sie Anregungen haben, Lob oder Kritik. Und empfehlen Sie uns gerne weiter.

00:23:02: Sonst machen Sie es gut und bis morgen.

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