Peter Neumann: „Die Europäer stehen staunend am Rand“

Shownotes

Terrorismus, Extremismus und veränderte geopolitische Verhältnisse: Im 21. Jahrhundert scheint alles radikaler geworden zu sein. Was kennzeichnet die veränderten Verhältnisse unserer Zeit? Welche Ideologien und Machtkämpfe stehen dahinter? Und wie können wir diesen Entwicklungen begegnen?

In Rahmen eines Panels auf der Buch Wien hat der stellvertretende Chefredakteur der „Presse“, Christian Ultsch mit Terrorismusforscher Peter Neumann und der Islamwissenschaftlerin Susanne Schröter über genau diese Fragen debattiert.

Gäste: Peter Neumann, Terrorismusforscher; Susanne Schröter, Islamwissenschaftlerin **Host: **Christian Ultsch, stellvertretender Chefredakteur der „Presse“ Schnitt: Audiofunnel/Dominik Lanterdinger

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Transkript anzeigen

00:00:05:

00:00:09: Terrorismus, Extremismus und veränderte geopolitische Verhältnisse.

00:00:13: Im XXI.

00:00:14: Jahrhundert scheint alles radikaler geworden zu sein.

00:00:18: Mein Name ist Christine Meyerhofer, das ist, was wichtig ist, der tägliche Nachrichten-Podcast der Presse.

00:00:24: War es kennzeichnet, die veränderten Verhältnisse unserer Zeit, welche Ideologien und Machtkämpfe stehen dahinter, Und wie können wir diesen Entwicklungen begegnen?

00:00:35: Genau über diese Fragen hat Presse-Pfize-Chefredakteur Christian Ulsch auf einem Panel der Buch Wien mit dem Experten für Terrorismusforschung Peter Neumann und der Islamwissenschaftlerin Susanne Schröter debattiert.

00:00:48: Harter Tobak, wie Christian Ulsch selbst das bezeichnet.

00:00:51: Viel Spaß beim Zuhören.

00:00:56: Mein Name ist Christian Ulsch.

00:00:57: Ich bin stellvertretender Chefredakteur der Tageszeitung die Presse und auch zuständig für die Auslandsberichterstattung.

00:01:04: Als meine große Freude, zu einem wirklich renommierten Wissenschaftler aus Deutschland hier begrüßen zu dürfen auf der Bühne.

00:01:11: Wir haben heute etwas harte Kost und greifen auch thematisch ins oberste Regal.

00:01:17: Es wird gehen um die radikalisierte Weltenordnung, das Wiederaufkommen oder Beharren des religiösen Extremismus.

00:01:26: Wir werden auch über Terror reden, aber keine Angst.

00:01:29: Wir haben hier zwei Gäste, die auch solche schwergängigen Themen leichtsendig servieren können und vor allem in der Lage sind komplexe Sachverhalte in einfachen Worten darzustellen.

00:01:41: Ich glaube, das zeichnet beide aus.

00:01:43: Wenn ich kurz vorstellen darf, Susanne Schröder, Ethnologin, sehr bekannt im deutschsprachigen Feudon, weil sie sehr streitbar und klar ist in den Aussagen, sie hat eine lange Hochschulkarriere hinter sich.

00:01:58: ist im Zuge ihrer ethnologischen Studien in Asien, wenn ich das richtig in Erinnerung habe, auf das Thema Islam gestoßen und hat sich dann, wenn ich das so sagen kann, auch spezialisiert in diese Richtung und auch ein Institut gegründet für globalen Islam in Frankfurt.

00:02:16: Herzlich willkommen, Susanne Schröder, bitte um einen kleinen Applaus.

00:02:21: Kann auch ein

00:02:21: großer sein.

00:02:26: Sie hat ihr neuestes Buch mitgenommen, das heißt der neue Kulturkampf und auch... Politischer Islam hat sie mitgenommen auf den Tisch.

00:02:35: Sie können die Bücher dann später an dem Standdruck...

00:02:37: Ja, erfreut sich.

00:02:38: ungeahnte Popularität wieder, was eine Autorin ja begeistert.

00:02:42: Peter Neumann muss sich eigentlich hier nicht vorstellen.

00:02:45: Also häufiger Gaster im österreichischen Rundfunk und Fernsehen, ZIP II, ist dann meistens aus London zugeschaltet, weil dort im... Richtig, dort unterrichten sie auch Security Policies, dort ausgebildeter Politikwissenschaftler.

00:03:06: Und ich habe gelesen, mit einem ganz kurzen Intermezzo, auch als Radiojournalist, aber ganz zu Beginn ihrer Karriere.

00:03:14: Er

00:03:15: hat mir vorhin gesagt, dass er die letzten vier Jahre Jedes Jahr ein Buch geschrieben hat, also ein Vielschreiber, eines hat er mit, aber das ist gar nichts ein Rezentes, das heißt Rückkehr des Terrors.

00:03:28: und das Neues...

00:03:28: Immer noch aktuell.

00:03:30: Immer noch

00:03:30: aktuell.

00:03:31: und das Neueste heißt, da sterben der Demokratie, dass er mit, gemeinsam mit Richard Schneider geschrieben hat, da geht es, es ist eine Analyse über den Vormarsch der Rechtsvorpolisten.

00:03:43: Ja.

00:03:44: Neumann, wenn ich mit Ihnen anfangen darf, um den Rahmen mal abzustecken, ein Titel unserer Veranstaltung ist radikalisierte Weltoordnung.

00:03:53: Jetzt beobachten wir schon seit längerer Zeit, dass es wirklich drunter und drüber geht, auf der Welt das alte Regeln nicht mehr gelten.

00:04:01: die liberale Weltoordnung zusammen bricht Handelsregeln außer Kraft gesetzt werden.

00:04:07: Wir schlittern sozusagen von einem Krieg in den anderen.

00:04:10: nach dem Ukrainekrieg, der Gazerkrieg, der jetzt hoffentlich beendet ist, wenn sie es in einer Nussschale zusammenfassen würden, welche, auf welche Art von Weltoordnung Steuern wir zu?

00:04:26: Und was zeichnet die jetztige Zeit aus?

00:04:28: Vielleicht haben Sie auch schon einen Namen dafür.

00:04:32: Also ich habe noch keine genaue Vorstellung, auf welche Weltordnung wir zusteuern.

00:04:37: Es ist nur so, wenn man das historisch betrachtet, ungefähr alle hundert bis hundertfünfzig Jahre ändert sich die Weltordnung.

00:04:45: Das System ändert sich, weil neue Kräfte nach oben kommen und weil die tektonischen Platten der Weltordnung an sich reiben.

00:04:53: Und wir hatten im Prinzip seit Ende des Kalten Krieges eine vom Westen dominierte Weltordnung.

00:04:58: Wir dachten mal, das sei das Ende der Geschichte.

00:05:00: Jetzt merken wir, vielleicht ist es doch nicht so.

00:05:04: Und es ist natürlich so, dass neue Mächte wie zum Beispiel vor allem China, aber eben auch politische und soziale Bewegungen neue Ansprüche machen.

00:05:12: Und die Konflikte, die wir aktuell sehen an unterschiedlichen Orten in der Welt, in der Ukraine.

00:05:18: in Nahen Osten, vielleicht nächstes Jahr schon im südchinesischen Meer.

00:05:22: Das sind alles Konflikte, die an den Bruchlinien dieser neuen und alten Weltordnung passieren und wo sich gerade was verschiebt.

00:05:30: Wenn Sie fragen, wie nennt man das?

00:05:32: Das ist auch etwas, was in der Geschichtswissenschaft beschrieben ist.

00:05:37: alte zu neuen Weltordnung übergeht, dann gibt es immer so eine Art Interregnum, eine Zeit von etwa zwanzig bis fünfundzwanzig Jahren, wo es die Welt neu sortiert, wo es auch ganz viele Konflikte gibt und wo noch nicht ganz klar ist, was am Ende stehen wird.

00:05:53: Ich bin mir ziemlich sicher, dass in der neuen Weltordnung China eine wichtige Rolle spielen wird.

00:05:58: Aber wird es noch andere Großmächte geben?

00:06:00: Wird Indien einen eigenen Anspruch formulieren?

00:06:03: Das wissen wir alles noch nicht.

00:06:04: Wir sind mittendrin in dieser globalen Veränderung.

00:06:08: Eines steht fest, diese neue Weltordnung wird wahrscheinlich weniger westlich, weniger europäisch und möglicherweise oder sicher auch weniger demokratisch sein.

00:06:17: Und das ist natürlich eine riesige Herausforderung für uns als westlich-demokratische Europäer.

00:06:23: Frau Prof.

00:06:24: Schröter, Sie konnten nicht alle Bücher mitnehmen, die Sie geschrieben haben.

00:06:28: Sie haben auch geschrieben über den Westen und die Selbstüberhebung und falsche Selbsteinschätzung des Westens.

00:06:37: Wo bleibt in dieser neuen Weltordnung Ihre Ansicht nach der Westen?

00:06:43: Gibt es den Westen überhaupt noch in der Form, wie wir ihn kannten und wie wir ihn subsumiert haben unter diesem Begriff?

00:06:53: Naja, dazu muss man erstmal fragen, was ist denn der Westen?

00:06:56: Ja, das ist ja nicht so ganz einfach.

00:06:58: Der Westen ist zwar ursprünglich Europa und seine Satelliten, aber letztendlich ist der Westen auch eine Idee gewesen, nämlich die Idee einer freiheitlichen Demokratie der Rechte der Einzelnen gegen das Kollektiv, der Säkularisierung, der Trennung von Religion und Politik und ähnliches mehr.

00:07:20: Also diese liberale Demokratie ist eigentlich das Symbol für den Westen.

00:07:25: Und wenn wir uns jetzt anschauen, die Entwicklung der letzten Jahre, Vielleicht sind es sind zwanzig Jahre.

00:07:32: Da sehen wir auf der einen Seite, dass sich die globalen Kräfte Verhältnisse verschieben, jetzt ganz, ganz sichtbar.

00:07:39: Ja, seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine ganz deutlich.

00:07:45: Dann hat Europa sehr stark versucht, die europäische Karte zu spielen, die westliche Karte.

00:07:51: Wir werden jetzt unsere Beziehungen mit Demokratien in der Welt verstärken.

00:07:56: Als Allererstes hat Indien-Europa eine Absage erteilt.

00:08:00: Die Inder haben gesagt, sie würden sich mal nicht so festlegen.

00:08:03: Die Europäer sollen mal lieber vor der eigenen Haustüre kehren.

00:08:06: Das, was jetzt da gerade der Krieg ist, der die Europäer sehr beeindruckt.

00:08:12: Solche Kriege gab es in den Ländern des Globalen Südens schon sehr viel mehr.

00:08:15: Das hatte niemanden interessiert.

00:08:17: Das heißt, Indien hat auf die Doppelmoral des Westens hingewiesen.

00:08:21: Und andere Staaten haben das ebenso gemacht.

00:08:23: Also es war nicht so einfach zu sagen, wir machen jetzt eine Allianz.

00:08:27: Die Allianz der Demokraten unter Leitung des Westens existiert in der Form nicht mehr.

00:08:32: Und jetzt haben wir neu mit der zweiten Amtszeit Donald Trumps auch noch mal einen unglaublichen Riss in den transatlantischen Beziehungen.

00:08:41: Da sehen wir auch in Europa, was das bedeutet.

00:08:43: Das bedeutet zum Beispiel, wir können uns gar nicht alleine verteidigen.

00:08:46: Wir machen immer einen auf dicke Hose, aber da ist gar nichts.

00:08:50: Und das ist natürlich ein Problem.

00:08:52: Wirtschaftlich genau das Gleiche.

00:08:54: unglaubliche moralische Ansprüche an Menschenrechte, an Klimagerechtigkeit, Umweltgerechtigkeit etc.

00:09:02: Aber letztendlich kann man es nicht durchsetzen, weil keiner mitzieht.

00:09:06: Europa möchte nach Ursula von der Leyen der Erste... klimaneutrale Kontinent werden.

00:09:12: Wenn man außerhalb Europas sich mit politischen Akteuren unterhält, dann sagen die Leute, ihr seid doch völlig verrückt, aber uns freut es.

00:09:19: Weil da, wo eine Lehrstelle entsteht, gehen andere hinein.

00:09:24: Und all diese Vorstellungen, die es in den Jahren die Koppelung von China gab, das Gegenteil ist der Fall.

00:09:34: Die deutschen Unternehmen investieren umso mehr in China.

00:09:38: Nachhaltige Energieerzeugung geht ohne China gar nicht.

00:09:42: Weder die Windräder noch die Solar-Kollekturen funktionieren so.

00:09:45: Das heißt, in welche Zeit laufen wir hinein, um das nochmal aufzugreifen?

00:09:50: Ich würde sagen, wir gehen in eine Phase erradikaler Pluralisierung hinein, in der plötzlich Interessenskonflikte mit wirtschaftlicher Kraft, mit militärischer Kraft unterlegt, zu großen Konflikten werden.

00:10:05: Und die Europäer stehen ein bisschen staunend am Rand und sehen, dass ihnen die Fälle davon schwimmen.

00:10:11: Und dazu sind sie noch, und das habe ich in meinem letzten Buch beschrieben, eigentlich in einer schlechten Situation, weil sie auch im Inneren Zereiskräfte haben, die sie gar nicht mehr bewältigen können.

00:10:22: Wir haben auf der einen Seite eine Linke, die immer mit autoritären Mitteln versucht, ihre Ziele durchzusetzen.

00:10:30: Und wir haben eine erstarkende Rechte, die, wie wir in den USA sehen, nicht weniger autoritär ist.

00:10:36: dazwischen ist sozusagen eine erschrocken Mitte, die kaum bewegungsfähig ist.

00:10:41: Damit war Schluss.

00:10:42: Vielen herzlichen Dank.

00:10:43: War schon fast ins Vortrag.

00:10:45: Herr Professor, sehen Sie das?

00:10:47: Ähnlich konstatieren Sie da auch diesen Riss zwischen USA und Europa.

00:10:53: Ich glaube, das lässt sich ja gar nicht mehr leugnen.

00:10:57: Und glauben Sie auch, dass sich die USA auf Dauer abwenden?

00:11:02: von Europa sich konzentrieren auf den auf den asiatischen Raum und deshalb Europa sich der bitteren Wahrheit stellen muss, dass es auf sich allein gestellt ist, also vor allem auch verteidigungspolitisch auf Dauer.

00:11:18: Ja, im Prinzip stimme ich Frau Schulter dazu.

00:11:22: Wir haben eine Situation lange Zeit Jahrzehnte gehabt, in der wir uns auf Amerika verlassen haben, blind verlassen haben und in der wir auch Amerika im Prinzip damit beauftragt haben, zum Beispiel für unsere Sicherheit zu sorgen, für die Offenheit der Weltmeere, für die Offenheit des Welthandels, von dem europäische Staaten massiv profitiert haben.

00:11:46: Und wir haben gesagt, wir sind von Freunden umgeben, wir sind gute Menschen und wir konzentrieren uns darauf, global Geschäfte zu machen.

00:11:54: Und jetzt merken wir, dass es nicht mehr garantiert.

00:11:57: Die Amerikaner ziehen sich zurück und möglicherweise geht das noch ein paar Jahre lang gut.

00:12:02: Aber egal, wer nach Donald Trump Präsident wird, dieser Trend wird sich im Großen und Ganzen fortsetzen.

00:12:09: Verschiedene amerikanische Präsidenten, beginnend mit Obama, haben klar gemacht, dass der Schwerpunkt... der neuen Weltordnung, die sich Amerika vorstellt, nicht im Atlantik liegt, sondern im Pazifik.

00:12:21: Dass sie sich also nicht mal Richtung Osten orientieren, sondern Richtung Westen.

00:12:26: Und das bedeutet für Europa, wir müssen anfangen, auf eigenen Füßen zu stehen.

00:12:30: Das merken wir ganz besonders beim Thema Sicherheit momentan, wo wir wissen, wir sind von Amerika abhängig und wir müssen uns schnell so entwickeln, dass wir für uns selbst Verantwortung übernehmen können.

00:12:42: Ist

00:12:42: das nicht das Problem Europas?

00:12:44: Also ich würde so sagen, das Problem Europas ist nicht Probleme zu erkennen.

00:12:49: Das sind wir vielleicht ganz gut, aber das Problem ist ja ganz offensichtlich, die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen oder auch schnell umzusetzen.

00:12:58: Das ist auch ein Problem, aber ich glaube, das tiefer liegende Problem ist, dass wir Wahrscheinlich seit Jahrhunderten daran gewöhnt sind, dass Europa der Nabel der Welt ist.

00:13:07: Hier passiert alles, von hier geht alles aus.

00:13:10: Wir haben uns in den letzten paar Jahrzehnten daran gewöhnt, okay, da sind die Amerikaner, aber da sind ja im Prinzip auch Europäer oder Stiefkinder der Europäer.

00:13:18: Und die Tatsache, dass die Musik woanders läuft und dass Europa im Prinzip eine Peripherie ist für das, was in der neuen Weltordnung passieren wird, das haben wir noch nicht ganz gecheckt.

00:13:28: Und ich glaube, da ist es auch so, dass viele Regierungen noch nicht entsprechend haben.

00:13:32: und auch natürlich die Bevölkerung noch überhaupt nicht verstanden haben, was momentan passiert.

00:13:38: Frau Prof.

00:13:40: Schröder, es gibt da die Idee sozusagen, wie zur Überbrückung eine liberale Weltoordnung zu erhalten oder zu bauen rund um die USA, also dass sich Europa zusammen tot mit Kanada, mit Australien, mit Japan, mit Südkorea, also mit den verbleibenden Demokratien.

00:14:02: Erstens halten Sie das für eine gute Idee und zweitens halten Sie das für eine Ausreichende Strategie.

00:14:08: Also ich halte es immer für eine gute Idee mit Demokratien zusammenzuarbeiten.

00:14:12: Ich bin immer auch noch der Meinung, dass die liberale Demokratie die beste aller Regierungsform ist.

00:14:18: Also, obwohl da mittlerweile viel Kritik dran aufgekommen ist, ich glaube immer noch, das ist was ganz Besonderes, weil Der Mensch, an sich im Mittelpunkt steht, der Mensch Rechte hat, in anderen Gesellschaften hat der Mensch nicht diese Rechte.

00:14:31: Also da sind wir, glaube ich, wirklich sehr, sehr gut.

00:14:34: Aber und deshalb finde ich es wichtig, mit Demokratien sich zu verbünden, aber das wird nicht reichen.

00:14:40: Das wird weder wirtschaftlich reichen, noch wird es geopolitisch ausreichen.

00:14:46: Das heißt, wir müssen auch mit Gesellschaften, mit Staaten zusammenarbeiten, die keine Demokratien sind.

00:14:52: Wir müssen zum Beispiel, kann China nicht ausklammern, das wäre völlig idiotisch.

00:14:58: Und in den Ländern des sogenannten globalen Südens ist die Anzahl der Demokratien doch relativ überschaubar.

00:15:04: Und selbst diejenigen, die Demokratien sind, wie Indien.

00:15:09: Wenn wir uns anschauen, die religiösen Konflikte und wie sie staatlicherseits gelöst werden, der Hindu-Nationalismus

00:15:15: etc.,

00:15:16: wenn man das mal ganz ernst betrachtet, dann sehen wir auch da, dass das mit der Durchsetzung von Menschenrechten vielleicht nicht ganz so ist, wie man sich das gerne vorstellt.

00:15:28: Dennoch werden wir zweifellos mit anderen anderen Staaten in irgendeiner Weise zusammenarbeiten.

00:15:35: Und wir sollten uns meiner Meinung nach nicht schleunigst abgewöhnen, immer mit dieser Überheblichkeit auf andere Regierungschef zu schauen und immer so zu tun, als ob wir die Engel seien, die da gerade vom Himmel heruntergekommen

00:15:51: sind.

00:15:52: dass wir sind europäische Politiker, die der Meinung sind, wir sind diejenigen, die den richtigen Zugang zur Klimagerechtigkeit haben.

00:16:01: Wir sind diejenigen, die den richtigen Zugang zur Arbeitsgerechtigkeit haben.

00:16:06: Also Lieferketten-Gesetze bei uns in Deutschland.

00:16:09: Und dabei natürlich auf ganz andere Ökonomien stoßen.

00:16:14: Und immer wieder, ich spreche jetzt mal für die deutschen Politiker, immer wieder in einer sehr belehrenden Weise dumm auffallen, weil natürlich der Punkt der ist, dass die Europäer eben genau wie sie gesagt haben, nicht mehr der Nabel der Welt sind, sondern die anderen möglicherweise in einer weit stärkeren Position sind.

00:16:33: Und wenn man, sag ich mal so, wenn man jetzt eine große Klappe hat, aber hat überhaupt nichts anzubieten, dann wird das absolut schräg.

00:16:44: Man merkt das ja auch.

00:16:46: Ich zeige immer gerne als Beispiel eine Karte mit den Ländern, die sich den Sanktionen gegen Russland angeschlossen haben.

00:16:53: Den ökonomischen Sanktionen.

00:16:55: Wenn wir jetzt während der Achtziger wären, während des Kalten Krieges, wo die Führerschaft des Westens in großen Teilen der Welt unbestritten war.

00:17:04: Dann hätten sich alle Länder in Lateinamerika, unsere ganzen Verbündeten in Afrika, im Nahen Osten, große Teile Asiens automatisch diesen Sanktionen gegen Russland angeschlossen.

00:17:16: Wenn wir uns die Karte allerdings heute anschauen, dann sehen wir, es gibt keinen Staat in Lateinamerika, der sich diesen Sanktionen angeschlossen hat, keinen Staat in Afrika, keinen Staat im Nahen Osten, noch nicht mal die engsten Verbündeten des Westens.

00:17:30: Ist doch weit weg für

00:17:31: diese Stadt.

00:17:33: Ja, aber ... Trotzdem, in Asien nur vier Staaten haben sich dem angeschlossen und deswegen funktionieren diese Sanktionen auch in vielerlei Hinsicht nicht.

00:17:42: Das bedeutet nicht, dass ich jetzt irgendwie pro Russland bin oder so, aber diese Methode Russland sozusagen dadurch in die Enge zu drängen hat nicht funktioniert, weil der Westen nicht mehr die Anziehungskraft hat, die er früher gehabt hat.

00:17:56: Jetzt will ich noch eine Sache sagen.

00:17:58: Was bleibt von Westen, wenn wir das auch noch bleiben lassen?

00:18:03: Wenn wir darauf verzichten auf Menschenrechte.

00:18:06: Nein,

00:18:08: wir verzichten überhaupt nicht drauf.

00:18:09: Was ich sagen möchte ist, und das stimmt auch mit Frau Schulter, überein.

00:18:14: Wir müssen viel agiler und flexibler werden, wenn es um Bündnisse und Allianzen geht.

00:18:20: Das eine ist zu sagen, wir machen jetzt eine permanente Allianz der westlichen Staaten außer Amerika.

00:18:27: Aber wir sehen ja gerade auch in der EU diese siebenundzwanzig Staaten, auch wenn sie alle Demokratien sind, stimmen auch bei fundamentalen Fragen nicht immer überein.

00:18:36: Sehr starre Formate sind, glaube ich, nicht besonders hilfreich.

00:18:40: Wir müssen viel agiler werden.

00:18:41: Wir müssen zum Beispiel jetzt nach Asien.

00:18:44: In Asien gibt es mehr Länder als China, es gibt Vietnam, es gibt Indien, es gibt Südkorea.

00:18:49: Das sind unglaublich dynamische Volksverschaften.

00:18:52: Die Allianzen, die in zwanzig, dreißig Jahren die Welt bestimmen werden, die entstehen jetzt.

00:18:56: Und deswegen sage ich auch immer, Diplomaten hier in Wien, aber auch in Berlin und anderen Städten eigentlich müsste hier jetzt aktiver sein, denn je zuvor nicht nur Krisenmanagement betreiben, sondern die neuen Allianzen aufbauen, die das nächste oder den Rest des einundzwanzigsten Jahrhunderts bestimmen werden.

00:19:14: Aber diese Allianz würden zweifellos bedeuten, dass wir unsere Wirtschaft stärken müssen, weil Nationen ohne eine starke Wirtschaft können auch den asiatischen Ländern, die nämlich nach Wohlstand streben, nichts anbieten.

00:19:29: Wir können nicht glauben, dass wir nur mit einer Menschenrechtsrhetorik großartig punkten.

00:19:34: Da sind viele große Teile der Bevölkerung in den asiatischen Staaten immer noch arm.

00:19:39: Das heißt, denen mit einer Verzichtsrhetorik zu kommen, wie das bei uns so populär ist.

00:19:45: Da stößt man auf vollkommenes Unverständnis.

00:19:48: Die Leute sagen mit großem Recht, wir wollen den Luxus, den ihr habt, auch haben.

00:19:53: Wider spricht ihnen keiner.

00:19:55: Oh

00:19:55: ja, ich weiß nicht.

00:19:56: Jetzt sind wir uns plötzlich so einig.

00:19:57: Das letzte Mal auf der Bühne waren wir uns gar

00:19:59: nicht einig.

00:20:00: Kommt bestimmt, es kommt schon noch.

00:20:01: Wenn zumindest

00:20:04: lange.

00:20:05: Findest du, dass Europa gut darin ist, seine Interessen zu definieren?

00:20:10: Weil Voraussetzung für die Bildung von Allianzen und für das unvoreingenommene Zugehen auf andere Staaten wäre ja, dass man für sich definiert hat, was man eigentlich will.

00:20:22: Genau.

00:20:24: Ja, und da ist es viel Luft nach oben.

00:20:25: Ja, also bis jetzt sehe ich, dass es in den zentralen Fragen gibt es noch keine Einigung.

00:20:30: Stattdessen muss ich mal sagen, vielleicht widersprechen Sie mir da, mutiert Brüssel gerade zu einem Bürokratiemoloch, der ... Ich will auch wieder nicht mal hinkriegen.

00:20:40: Wir finden überhaupt keine Gegend sehr

00:20:42: schwer.

00:20:44: Und wenn ich mir anschaue, wenn ich mir gemeinsam Rüstungsvorhaben mit Frankreich.

00:20:54: große Pläne, die scheitern alle daran, weil keiner nachgeben will.

00:20:59: Weil das gemeinsame gar nicht in den Mittelpunkt gestellt wird.

00:21:03: Und ich glaube, wenn Europa tatsächlich überleben will, als Einheit oder zu einer Einheit werden soll, jenseits der Bürokratie, eine lebendige Einheit, dann müssen auch Interessen zurückgestellt werden.

00:21:15: Da muss man vielleicht auch mal dem anderen mehr nachgeben.

00:21:18: Und das bezieht sich aber nicht nur auf Deutschland, sondern oder Österreich, sondern auch auf alle anderen Staaten.

00:21:23: Zu welchem Grad sind vorhin beide gemeint, dass den Westen ja die liberale Demokratie ausmacht?

00:21:30: So ein Wesen davon ist, also Freiheitsrechte, Demokratie.

00:21:35: Zu welchem Grad ist eigentlich diese liberale Demokratie in Europa, aber auch in den USA, nicht nur von außen, sondern auch von innen unter Druck?

00:21:48: Also ich glaube, sie ist unter Druck.

00:21:50: Und das sehen wir im Prinzip seit fünfzehn Jahren.

00:21:54: Es gibt glaube ich drei Ereignisse oder drei Entwicklungen, die dazu geführt haben, dass wir in vielen westlichen Demokratien eine Erosion sehen von liberaler Demokratie.

00:22:06: Die erste Entwicklung, mit der es angefangen hat, war eigentlich die globale Finanzkrise Ende der zweitausender Jahre,

00:22:12: wo

00:22:13: nicht in Deutschland und nicht so sehr in Österreich, aber in vielen anderen europäischen Ländern und auch in den USA Auch zum ersten Mal zum Beispiel populistische Bewegungen sehr stark an Zustimmungen gewonnen haben.

00:22:25: Wir haben zum zweiten natürlich die Migrationskrise gehabt, die sich dann auch fortgesetzt hat, wo viele Leute gesagt haben, nicht nur gibt es kein Wachstum mehr, nicht nur steigen die Löhne nicht mehr, wir haben auch das Gefühl, dass sich die Demokratie zu viel und zu schnell und zu stark verändert.

00:22:44: Wir kommen da nicht mehr mit.

00:22:46: Und dazu... dass die dritte Entwicklung haben wir die sozialen Medien, die das alles noch mal unglaublich befeuern und die aus allem eine Empörungsspirale machen, wo sich also traditionelle Institutionen, die die Anker der liberalen Demokratie waren, überhaupt nicht mehr Gehör verschaffen können.

00:23:04: Und seitdem haben wir in vielen, nicht nur in Deutschland, nicht nur in Österreich, in allen europäischen Demokratien eigentlich die gleiche Geschichte, nämlich dass die unterschiedlichen Enten des politischen Spektrums auseinanderdriften und dass es immer schwieriger wird, für diejenigen, die sich, wie ich zum Beispiel, in der Mitte verorten, sich gehört zu verschaffen oder überhaupt viel schwieriger wird, es überhaupt möglich zu machen, nuranzierte.

00:23:30: Meinungen zum Ausdruck zu bringen.

00:23:32: Und ich denke, das ist eine schlechte Entwicklung.

00:23:33: Und die macht es auch immer schwieriger für uns als liberale Demokratien, die großen Reformbedarf haben, überhaupt Mehrheiten für diese Reformen zu gewinnen, um die dann tatsächlich auch durchzusetzen.

00:23:45: Frau

00:23:45: Schulte, wie erklären Sie, kurz, ich bitte gerne, wenn Sie dann Stellung nehmen, aber wie erklären Sie das?

00:23:52: Aufkommen populistische Parteien, ist es vielleicht nicht so, dass diese Parteien schlicht und einfach eine Repräsentationslücke füllen, weil sie Themen stärker aufgreifen, die traditionelle Parteien eher vernachlässigt haben.

00:24:07: Ja,

00:24:07: absolut.

00:24:08: Meiner Meinung nach ausschließlich deshalb.

00:24:10: nehmen wir mal in Deutschland die AfD die Alternative für Deutschland.

00:24:15: Die hat sich gegründet im Rahmen der Finanzkrise als Professorenpartei.

00:24:19: war eine Winz-Partei unter der fünf Prozent Hürde.

00:24:23: Dann kam die Flüchtlingskrise.

00:24:26: Angela Merkel war der Meinung, man könne einen Staatsgebiet nicht dicht machen.

00:24:33: In der Corona-Krise konnte sie es dann durchaus.

00:24:35: Aber da hat sie quasi eine Flüchtlingspolitik befeuert, die doch von einem großen Teil der Bevölkerung zumindest auf mittlere Sicht abgelehnt worden ist, weil die negativen Konsequenzen gar nicht mitbedacht worden sind.

00:24:49: Das können wir ganz genau sehen.

00:24:51: Von einer Partei der AfD, die drei Komma fünf Prozent hatte vor dieser Flüchtlingskrise, ist sie danach in einen zweistelligen Bereich gerutscht.

00:25:00: Und diese Migrationskrise oder die Migrationspolitik, die gemacht wird in Deutschland, das ist in anderen europäischen Ländern nicht anders.

00:25:08: In Österreich ist es im Übrigen auch ähnlich.

00:25:10: Das führt dazu, dass sich ein Teil der Bevölkerung zwar aus allen Parteien, das können wir aussehen, aus allen Parteien nicht mehr repräsentiert wird von ihren Parteien.

00:25:20: Die fühlen sich nicht mehr ernst genommen.

00:25:21: Und da gab es verschiedene Dinge.

00:25:23: Es gab die Corona-Politik, es gab die Flüchtlingspolitik.

00:25:26: Mittlerweile ist es auch ein Teil der Umweltpolitik, der Klimapolitik.

00:25:31: Und so ist das eben in Demokratien.

00:25:34: Wenn sich ein Teil des Souveräens, die Bevölkerung ist ja der Souverän eines Teils des Souveräens, von den Parteien repräsentiert fühlt, dann wählen sie in einem demokratischen Land eine Alternative.

00:25:47: Und wenn diejenigen, die ganz offensichtlich die Bevölkerung nicht zufrieden stellen oder einen großen Teil der Bevölkerung nicht zufrieden stellen, durch eine eher linke Politik, dann wählt man eine rechte Politik.

00:26:01: Und so haben wir das.

00:26:02: Wir hatten eine starke Bewegung nach links bis hin.

00:26:07: In Parteien der Mitte hinein, also die CDU beispielsweise in Deutschland, hat durch Angela Merkel doch einen sehr klaren Linksrück erlebt.

00:26:16: Und daraufhin gibt es jetzt einen Rechtsrück.

00:26:19: Das können wir in den USA im Übrigen auch anschauen.

00:26:21: Die Demokraten haben sich in gewisser Weise radikalisiert links.

00:26:25: Es gab eine große Wurkebewegung beispielsweise an den Universitäten, wo Reihenweise Wissenschaftler gekänzelt worden sind, weil sie Themen angesprochen haben, die man hätte nicht ansprechen dürfen, hatte viel mit dem Islam zu tun, hatte aber auch mit anderen Dingen was zu tun.

00:26:41: Jetzt kriegen wir die massive Gegenbewegung unter Donald Trump, die sich dergleichen Methoden des Repressiven bedient allerdings diesmal von Staatsseite.

00:26:53: Woher war es?

00:26:54: eher aus dem System heraus?

00:26:56: Das heißt, Die beiden Bewegungen einmal nach links, einmal nach rechts, korrespondieren ja miteinander.

00:27:02: Und dabei gehen nun leider auch, weil sie die Freiheitsrechte ja mit Recht angesprochen haben, als Grundlage der liberalen Demokratien, gehen auch die Freiheitsrechte immer mehr verloren.

00:27:13: Und da will ich nochmal den Schlenker nach Europa machen.

00:27:17: Europa hat sich, hat einige Maßnahmen jetzt erlassen unter Frau von der Leyen, die freiheitsfeindlich sind.

00:27:24: Den Digital Service Act beispielsweise ist ein Zensurinstrument, nichts anderes.

00:27:29: Jetzt soll ein Das soll dann noch mal als draufgelegt werden mit Maßnahmen gegen Desinformation, Hass und Hetze.

00:27:37: Das sind diese Buzzwords.

00:27:39: Und man fragt sich immer, was ist denn da bitteschön mit gemein?

00:27:42: Wer liegt denn fest, was Hass und Hetze und Desinformation ist?

00:27:46: Und da hat man jetzt NGOs beauftragt, die als Faktenchecker als Experten dann das beurteilen wollen.

00:27:55: Diese Faktenchecker kommen aber aus der... Wo können Linken weitgehend?

00:28:01: Das heißt, es ist sehr klar... Also

00:28:02: sie interpretieren das als Gegenpendelbewegung.

00:28:05: Das Problem ist halt nur, dass populistische Parteien in der Regel wenig konstruktiv sind und wunderbar sind im Aufzeigen von Problemen.

00:28:13: Aber nicht in der Lösung.

00:28:14: Ich bin nicht ganz da, als ich auch konservative Parteien eingesetzt habe.

00:28:18: zehn Jahren auch versuchen thematisch hinterher zu laufen, aber irgendwie schaffen sie es nicht.

00:28:24: Ja, da können wir vielleicht noch mal näher reingehen, warum sie das nicht schaffen, also wo der Hase im Pfeffer liegt sozusagen.

00:28:32: Aber wichtig ist es zu verstehen, dass wenn man beim Kampf gegen rechtspopulistische Bewegung selber fragwürdige Methoden anwendet, dann wird man zweifellos genau diese rechtspopulistischen Bewegungen stärken, weil die ja mit einiger Berechtigung darauf hinweisen können, dass da mit der Demokratie auch Schindluder betrieben wird.

00:28:55: Also ich würde immer raten, von daher zu sagen, die Grundlage, die wesentliche Grundlage unserer liberalen Demokratien ist die Meinungsfreiheit, Pressefreiheit, Wissenschaftsfreiheit, Kunstfreiheit.

00:29:10: jeden Millimeter, den wir davon abweichen, egal aus welchem Grund schadete Demokratie.

00:29:16: Das heißt, freie Debatte, freie Auseinandersetzung, natürlich nicht jenseits der Strafbarkeitsgrenze.

00:29:23: Also alles, was strafbar ist, tatsächlich muss natürlich strafrechtlich verfolgt werden.

00:29:28: Aber unterhalb der Strafbarkeitsgrenze halte ich, und da bin ich dann vielleicht radikal liberal, halte ich die freie Rede für essentiell für eine Demokratie.

00:29:39: Alles, was wir nicht auf der Großaufdeckung... Das

00:29:41: ist ja auch die gegen jegliche Kontrolle.

00:29:43: Also für mich beispielsweise ist es sehr auffallend, dass jetzt auf x vormals Twitter, man ja alles twitteren kann.

00:29:52: Ohne dass irgendejemand darauf

00:29:54: haltet.

00:29:55: Das ist halt... Entschuldigung, wenn ich das Gespräch kurz unterbrechen darf.

00:29:59: Aber das ist halt genau das Problem.

00:30:01: Wir sind da... Wir sind alle für Meinungsfreiheit.

00:30:05: Ich hoffe niemand in diesem Publikum ist gegen Meinungsfreiheit.

00:30:09: Aber im Gegensatz zu Amerika haben wir eben schon ein Verständnis von Meinungsfreiheit, was eben auch Grenzen kennt.

00:30:16: Und wo es zum Beispiel gewisse gesetzliche Vorschriften gibt, die unterschiedlich ausgelegt werden können.

00:30:22: Ich, und das ist vielleicht auch eine radikale Meinung, glaube durch die sozialen Medien, hat jeder von uns mehr Meinungsfreiheit, als wir jemals gehabt haben.

00:30:31: Jeden Scheiß.

00:30:32: kann man auf den sozialen Medien verbreiten.

00:30:34: Wenn keiner zuhören möchte, dann ist das nicht ein Problem der Meinungsfreiheit, sondern eine Tatsache, dass deine Meinung möglicherweise nicht von besonders großem Interesse ist.

00:30:45: Wenn Leute sagen, wie J.D.

00:30:47: Vance zum Beispiel in Amerika es soll überhaupt keine Beschränkung geben zur Meinungsfreiheit, dann ist das für Europäer eine radikale Auffassung.

00:30:57: Denn wir haben diese Beschränkungen immer gehabt.

00:31:00: Und in dem Moment, wo man Leute dann auch mal dazu bringt, nachzudenken, was das bedeuten würde.

00:31:07: Ja, man kann jetzt sagen, okay, der Corona-Gegner, der soll die Freiheit haben, da zu sagen, was er möchte und möglicherweise auch zu Gewalt aufrufen.

00:31:17: Möglicherweise, ja, vielleicht auch.

00:31:19: Indirekt oder so weiter und so fort.

00:31:21: Aber würden wir das Gleiche bei einem Antisemiten sagen?

00:31:24: würden wir das Gleiche sagen, wenn jemand radikale, extreme Meinungen zum Beispiel zum Thema Israel verbreitet.

00:31:32: dieselben Leute, die ständig von Meinungsfreiheit reden, dann plötzlich auch wieder auf der Seite derjenigen, die sagen, wir brauchen Regulierung, wir brauchen Kontrolle.

00:31:40: Sowas darf nicht entscheiden.

00:31:41: Also entweder gilt es für alle oder es gilt für keinen.

00:31:45: Und wir in Europa aus historisch guten Gründen haben gesagt, auch Meinungsfreiheit hat bestimmte Grenzen.

00:31:50: Wie man das im Internet-Zeitalter regelt, das ist es natürlich, was so kompliziert ist.

00:31:56: Aber die Idee, dass wir kein Verständnis von Meinungsfreiheit haben wie in den USA, das ist ein... eigentlich in Europa oder barlanger Zeitkonsens.

00:32:04: Das stimmt.

00:32:04: Da haben wir einen Unterschied zwischen den USA und Europa.

00:32:07: In den USA gibt es tatsächlich überhaupt keine Grenzen.

00:32:11: In Europa regelt das das Strafrecht.

00:32:14: Das halte ich auch für richtig.

00:32:15: Also das Strafrecht setzt die ultimative Grenze, wobei ich zum Teil, also Aufrufe zu Gewalt unterliegendem Strafrecht, werden aber nicht immer verfolgt, weil sie gerade Antisemitismus angesprochen haben.

00:32:27: Gerade hat die größte deutsche Vereinigung von Orientwissenschaftlern die deutsche Arbeitsgemeinschaft na Oststudien.

00:32:37: in ihrem Vorstand einen äußerst radikalen Wechsel hingelegt.

00:32:41: Die haben mittlerweile Vorstandsvorsitzende, die das Massaker der Hamas als gelungene Widerstandsaktion feiern.

00:32:49: Wer hat wörtlich?

00:32:50: Wer hat wortwörtlich.

00:32:51: Das können Sie nachlesen.

00:32:53: Da wundere ich mich, ehrlich gesagt, dass da nicht die Staatsanwaltschaft eingraft.

00:32:58: Da haben wir Grenzen, aber das sind nicht die Grenzen der Meinungsfreiheit, sondern da geht es tatsächlich um Legitimation von schwerster Gewalt.

00:33:06: Und da bin ich absolut dafür, dass das Strafrecht so etwas unterbietet.

00:33:11: Aber da, das ist etwas anderes, ob jetzt irgendjemand glaubt, dass Corona nicht existiert oder so.

00:33:19: Meine Güte, Verrückte gibt's immer.

00:33:21: Inwiefern, Herr Prof.

00:33:23: Neumann, um einen anderen Themenkomplex jetzt auch anzuschneiden?

00:33:28: sind soziale Medien oder spielen soziale Medien eine Rolle bei der Radikalisierung jugendlicher Jihadisten.

00:33:38: Sie haben das glaube ich recht ausführlich auch dargelegt in dem Buch Rückkehr des Terrores.

00:33:41: Das

00:33:41: habe ich in der Tat sehr ausführlich in meinem Buch, die Rückkehr des Terrores dargelegt und sie spielen eine große Rolle.

00:33:49: Also ich wurde zum Beispiel gestern, gestern war ja der Der zehnte Jahrestag der schrecklichen Anschläge in Paris vom Bataclan wurde ich also sehr häufig gefragt, wie hat sich der Terror verändert?

00:34:00: Und es ist tatsächlich so, dass wenn wir uns heute anschauen, wie sich junge Menschen und es werden immer jüngere Menschen, größtenteils Teenager auch, wie die sich radikalisieren, dann ist das eben noch stärker als vor zehn Jahren im Internet.

00:34:15: Und soziale Medien spielen da eine sehr, sehr große Rolle.

00:34:17: Große Plattformen wie TikTok und Instagram, auch verschlüsselte Chaträume wie z.B.

00:34:23: Telegram.

00:34:24: Und das ist eben ein Riesenproblem, dass diese großen sozialen Netzwerke wie z.B.

00:34:31: TikTok eben sehr stark algorithmisch amplifizieren.

00:34:35: Was bedeutet das?

00:34:36: Das bedeutet, wenn ich einmal auf ein Palästina-Video draufklicke, kriege ich nur noch Palästina-Videos.

00:34:43: Und nicht nur kriege ich nur noch Palästina-Videos, ich kriege immer extremere Palästina-Videos, weil die Plattform glaubt, je empören da und je radikaler der Content, desto länger bleibe ich auf der Plattform drauf.

00:34:55: Ich kann mich noch gut erinnern, vor zehn Jahren, als ich und meine Kollegen sehr intensiv den IS erforscht haben, haben wir uns immer noch Gedanken darüber gemacht, wer sind denn die Influencer, wer sind die wichtigen Leute.

00:35:06: Das braucht sich heute keiner mehr machen, weil die Plattformen liefert dir bereits die ganze Influencer.

00:35:12: Wenn du einmal auf einen draufgeklickt hast, musst du dir dein Netzwerk gar nicht mehr zusammensuchen.

00:35:17: Die Plattform macht das für dich.

00:35:19: Und deswegen ist diese algorithmische Amplifizierung, die am extremsten bei TikTok ist, Aber bei allen anderen Plattformen auch eben schon ein Instrument zur Radikalisierung.

00:35:30: Und es wird niemals geändert werden, weil das das Geschäftsmodell dieser großen Plattformen ist.

00:35:35: Das ist die traurige Wahrheit.

00:35:37: Aber ehrlich gesagt nicht nur, sondern die Plattformen reagieren auch einfach darauf, wie lange man auf einer bestimmten Seite steht.

00:35:45: Also ich habe ja mich auch viel... beschäftigt mit Internetradikalisierung.

00:35:50: rechtsextremerweise, aber auch islamistischerweise bin dann auch auf diese Seiten gekommen.

00:35:55: Natürlich kriegt man dann die nächsten.

00:35:57: Wenn ich aber dann wieder was ganz anderes mache, ich liebe Katzen beispielsweise, dann gehe dann auf ein Katzenvideo, dann kriege ich erst mal zwanzig Katzenvideos und da sind die radikalen Videos weg.

00:36:05: Also von daher sind es nicht nur Empörungs, ist es keine nicht nur Empörungsmaschine, sondern es reagiert auf vermeintliche Wünsche der Konsumenten.

00:36:16: Das ist das eine Element, aber die Idee, dass extreme oder radikalere Inhalte deiner Aufmerksamkeit auf dieser Webseite drauf belassen, ist eben auch ein wichtiges Element der algoritmischen Amplifizierung.

00:36:31: Und das ist die große Herausforderung, nicht Meldestellen oder sonst was.

00:36:36: Die große Herausforderung ist, dass die größten Medienplattformen der Welt.

00:36:42: Tiktok wird innerhalb von zwei oder drei Jahren die größte soziale Medienplattform der Welt sein.

00:36:47: Hat jetzt schon eins, fünf Millionen Abonnenten.

00:36:51: Das ist die größten Medienplattform der Welt, bei denen fünfzig Prozent der Jugend unter Dreißigjährigen bekommen fast alle ihre politischen Informationen von diesen Plattformen.

00:37:01: Dass diese Plattformen kein Interesse daran haben, aus ihrer algoritmischen Amplifizierung heraus, nuansierte ... Meinungen zu promoten.

00:37:11: Und das ist der Negativ für Rechtspopulismus.

00:37:15: Das ist eben auch ein großer Faktor, wenn es um islamistische Radikalisierung sieht.

00:37:20: Und da sieht man ganz besonders seit dem siebten Oktober und dem nachfolgenden Konflikt, wo einfach, wenn man auf diese Plattformen drauf geht, ich möchte hier keinen peinlich berühren und fragen, wie viele von ihnen sind auf TikTok, wahrscheinlich nicht besonders viel.

00:37:33: Aber man sieht, dass das die Wut unglaublich groß ist und die wird eben auch getrieben von diesen Plattformen.

00:37:38: Was man da tun.

00:37:40: leider relativ wenig.

00:37:42: Denn die amerikanische Regierung J.D.

00:37:44: Vance hat klar gesagt, wenn es irgendeine Initiative gibt, der Europäer amerikanische Plattformen zu regulieren und TikTok wird bald auch eine amerikanische Plattform sein, dann wird so wörtlich J.D.

00:37:59: Vance während des Wahlkampfes, dann wird Amerika aus der NATO austreht.

00:38:03: Also, das ist ganz klar die Ansage gekommen.

00:38:05: Deswegen mache ich mal auch keine großen Sorgen, ehrlich gesagt.

00:38:08: Und den Digital Services Act, der ist zwar... Potenziell relativ repressiv wird aber kaum eingesetzt von der europäischen Kommission, weil die Europäische Kommission Angst davor hat, dass das Konsequenzen Amerikas zufolge haben wird.

00:38:22: Also wir haben im Prinzip kein Instrument momentan, um diese Herausforderung herzuladen.

00:38:27: Ich will aber noch auf eine andere Dimension hinweisen.

00:38:30: Es sind nicht nur allein die sozialen Medien.

00:38:32: Wenn Sie jetzt den Brandbeschleuniger nach Ostkrieg für ist vermisstische Radikalisierung, auch linke Radikalisierung, linksextreme Ansprechen.

00:38:40: Da muss ich sagen, da gibt es natürlich immer das Wechselspiel online offline.

00:38:45: Ja, die Akteure sind ja nicht nur online.

00:38:47: Wir haben riesige Demonstrationen in Deutschland gehabt, auf denen islamistische Fahnen geschwenkt worden sind, Hamas-Paurolen gebrüllt worden sind.

00:38:56: Und das ist dann der Verstärke auf der Straße.

00:38:59: Diese Bilder, diese Demonstrationen, die Reden, die gehalten werden, werden wieder aufgenommen, werden wieder auf YouTube, TikTok und Instagram gespielt.

00:39:06: Das heißt, wir haben eine ganz starke Wechselwirkung.

00:39:10: Und man könnte, meiner Meinung nach, zumindest auf der Straße Gewaltaufrufe verhindern.

00:39:16: Passiert aber nicht.

00:39:17: Und dadurch entsteht natürlich der Eindruck, der Staat macht nichts von wegen wehrhafter Demokratie.

00:39:23: Das ist ein guter Ansatz.

00:39:24: Aber wenn es nicht umgesetzt wird, dann verpufft das natürlich und ermächtigt auch bestimmte Akteure, immer weiterzumachen.

00:39:31: Das ist natürlich auch eine Radikalisierung, die wir sehen, die deshalb so geschmeidig vonstatten geht, weil die Akteure glauben, sie könnten machen, was sie wollen.

00:39:43: Wir wollten Teufel nicht da die Wand malen und für Unterholt sorgen.

00:39:46: Unlangst wurden Waffenverstecke der Hamas in Wien gefunden und auch Hinweise, dass es solche Verstecke in anderen Städten gibt.

00:39:54: Für wie hoch halten Sie eigentlich die Terrorgefahr im Moment in Europa?

00:39:59: Also ich habe das auch in diesem Buch ganz empirisch genau dargelegt, weil ich mir die Mühe gemacht habe in dem Jahr nach... dem siebten Oktober zwanzig, dreinzwanzig jeden Versuchten und durchgeführten islamistischen Toweranschlag in Europa aufzuzeichnen und zu katalogisieren.

00:40:17: Und man konnte feststellen, dass im Vergleich zum Jahr zwanzig, zwanzig hat Europol Statistiken dazu herausgegeben, sich die Zahl der versuchten und durchgeführten Anschläge in Europa vervierfacht hat.

00:40:30: Das hat man nicht so gemerkt, weil viele dieser versuchten Anschläge nicht passiert sind oder relativ kleine Anschläge fahren.

00:40:38: Und das ist ja auch ein Kennzeichen der Art von islamistischen Terror, mit der wir uns aktuell auseinanderzusetzen haben.

00:40:45: Aber das Volumen ist deutlich, deutlich eingestiegen.

00:40:49: Was da noch überhaupt nicht drin war, waren potenziell Anschläge der Hamas in Europa.

00:40:54: Denn die Hamas hat ja jahrzehntelang aus ihrer Sicht sehr klug entschieden, dass sie Europa als Rückzugsraum benutzt, dass sie dort Geld einsammelt, Unterstützung für Unterstützung wirkt, aber dort keine Operationen durchführt.

00:41:09: Und jetzt muss man sich schon fragen, wir haben im Prinzip seit ... Ende des Jahres immer wieder Festnahmen in Europa von mutmaßlichen Hamas-Mitgliedern, die versuchen, Waffenverstecke ausfindig zu machen und von denen gesagt wird, denen vorgeworfen wird, sie würden Anschläge gegen jüdische oder israelische Ziele planen.

00:41:31: kann schon argumentieren, dass da möglicherweise etwas passiert, vielleicht ein Strategiewechsel.

00:41:37: Und wenn das also noch dazu kommt zu den großen Anschlagsgeschehen, das wir bereits haben, dann würde die Situation besonders für jüdische Communities sehr bedrohlich.

00:41:48: Und was wir eben auch sehen, ist, dass ein großer Teil dieser versuchten und durchgeführten Anschläge ungefähr vierzig Prozent sich Immer wieder gegen jüdische und oder israelische Ziele.

00:41:59: Kurze Zusatzfrage rechnen Sie eigentlich auch damit, dass der Iran in irgendeiner Form zurückschlägt.

00:42:06: Sehr gute Frage in der Tat.

00:42:08: Da ist ein ganzes Kapitel in meinem Buch zum Iran.

00:42:10: Die Iranischen Revolutionsgarten machen ja im Prinzip seit Jahren eine Kampagne gegen Europa, suchen sich immer wieder Ziele aus.

00:42:19: Und das hat seit dem siebten Oktober, zwanzig, dreihundzwanzig deutlich zugenommen.

00:42:24: Und ich zeige das auch in Statistiken in meinem Buch.

00:42:26: Nur einen Satz dazu, weil das mir persönlich ganz wichtig ist.

00:42:31: Wir hatten zwanzig, zwanzig in Deutschland drei versuchte Anschläge gegen Synagogen in Nordrhein-Westfalen, in Dortmund, Essen und Bochum, glaube ich.

00:42:42: Und das Oberlandesgericht Düsseldorf hat in seinem Urteil Ende des Jahres festgestellt.

00:42:48: Diese Anschläge wurden von staatlicher Stelle im Iran geplant.

00:42:52: Das Oberlandeskrieg Düsseldorf hat das offiziell festgestellt.

00:42:56: Die offizielle Reaktion der Bundesrepublik Deutschland?

00:42:59: Null.

00:43:00: Nichts.

00:43:01: Es gab keine Reaktion.

00:43:02: Wer

00:43:02: kennt das?

00:43:04: Feigheit?

00:43:04: Ja, Feigheit.

00:43:05: Ich glaube auch ... dass auch in der Bevölkerung, wenn Sie jemanden fragen in Deutschland auf der Straße, haben Sie von diesen versuchten Anschlägen auf Synagogen gehört, würden Ihnen wahrscheinlich die meisten Leute sagen, habe ich noch nie davon gehört.

00:43:18: Stellen Sie sich mal vor, das wären versuchter Anschläge auf Kirchen gewesen.

00:43:22: Da wäre der Teufel los gewesen.

00:43:24: Und das zeigt mir, dass jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger noch immer nicht ... als voll Teil der Gesellschaft akzeptiert werden.

00:43:33: Sonst wäre die Reaktion vielleicht eine ganz andere gewesen und das ist eigentlich sehr traurig.

00:43:38: Frau Schulter, Sie haben sich ja eigentlich auch damit befasst.

00:43:43: Wie ausgeprägt sind Ihrer Ansicht nach radikale islamistische Denkmuster mitten in Europa?

00:43:53: Also wenn wir uns mal anschauen, dass im organisierten Islam in Europa, dass der organisierte Islam weitgehend auslandsabhängig ist.

00:44:01: Abhängig ist von islamisch geprägten Staaten der Türkei, vom Iran, Qatar, von Staaten in Nordafrika.

00:44:10: Und wenn wir dann nochmal genau gucken, welche Haltung haben diese Staaten zu Israel?

00:44:18: Was haben sie nach dem siebten Oktober?

00:44:22: für Positionen herausgegeben.

00:44:24: Wie sind sie mit Hamas und Hisbollah umgegangen?

00:44:28: Und dann sehen wir, das ist was sehr Bedenkliches.

00:44:32: Der Leiter der türkischen Religionsbehörde, also der Diyanet, der Leiter heißt Ali Erbash und der hatte nach dem siebten Oktober gesagt, Israel sei der rostige Nagel im Körper der muslimischen Geografie.

00:44:51: Und wer so einen Spruch bringt, impliziert, dass Israel illegitim ist, dass Israel keine Existenzberechtigung hat.

00:45:03: und ähnliche Sprüche kommen auch von anderen Politikern aus der islamisch geprägten Welt, zum Teil mit dem direkten Aufruf Israel zu vernichten.

00:45:14: Mittlerweile gibt es von hochrangigen Kadern aus der Muslimbruderschaft, das ist die größte internationale islamistische Organisation, Dependonsen auch in Europa.

00:45:27: Da kommt mittlerweile der Aufruf an die Muslime, einen persönlichen Jihad zu begehen, um... die Sache der Palästinenser zu verteidigen.

00:45:38: Und das kann man sich natürlich fragen, was ist denn ein persönlicher Jihad?

00:45:42: Wie soll der denn auch stabbiert werden?

00:45:44: Heißt das, da geht ein Jugendlicher hin mit dem Messer und versucht den nächsten Juden umzubringen?

00:45:49: Oder heißt das, dass man einen Anschlag ausführt?

00:45:52: Das ist auf jeden Fall im höchsten Maße gefährlich, solche Sprüche, weil sie natürlich dazu führen.

00:45:59: dass Menschen, Muslime sich legitimiert fühlen, aufgerufen fühlen, auch gewalttätig vorzugehen, dort, wo sie sind.

00:46:07: Das heißt, in Europa, in Österreich, in Deutschland, in Frankreich.

00:46:11: Und wenn wir uns das genau anschauen, dann passiert das ja auch bereits.

00:46:13: Dann passiert das auf sehr unterschiedlichen Ebenen.

00:46:16: Aber die Muslime glauben, dass sie tatsächlich legitim handeln, wenn sie das tun, dass sie vielleicht sogar im Auftrag Gottes handeln.

00:46:27: Und das ist ... noch mal anders als dieser Staatsterrorismus, den Sie angesprochen haben.

00:46:33: Das ist noch viel unkalkulierbarer, weil wir ja gar nicht wissen, wer ist denn eigentlich bereit?

00:46:41: in irgendeiner Weise gewalttätig zu werden.

00:46:43: Man braucht ja nicht viel.

00:46:44: Wir wissen ja auch von den letzten Anschlägen, auch in Deutschland.

00:46:47: Man braucht dann Messer mehr nicht.

00:46:48: Das können Menschen sein, die vorher relativ unauffällig waren, die gehen auf irgendeinen Volksfest, die gehen in die U-Bahn etc.

00:46:56: Und danach sagen sie so, und das war jetzt ein Teil meines Jihads.

00:46:59: Also diese Propaganda.

00:47:01: die ja nicht nur im Internet läuft, sondern die auch ganz tatsächlich über andere Medien verbreitet wird, ist wirklich sehr, sehr gefährlich für unsere Gesellschaften.

00:47:11: Und sie ist ziemlich weit verbreitet, weil sie eben unterstützt wird von islamischen Führern in der islamischen Welt.

00:47:18: Und es ist nicht nur einfach eine Marotte von TikTok-Immamen, sondern das sind tatsächlich Programme, die auch von von Staatspräsidenten wie Herrn Erdogan mit unterstützt werden.

00:47:31: Und so eine Zeit ist bald vorbei.

00:47:33: Ich mache jetzt etwas, was ein Journalist nie machen wird.

00:47:36: Darf also zwei Fragen in einer zu stellen.

00:47:38: Trotzdem, ich würde zwei Dinge noch interessieren.

00:47:42: Das eine nur kurz zur Erklärung.

00:47:44: Wie ist es, weil für mich ist das wirklich schwer zu verstehen, wie ist es möglich, dass im Jahr Ein extrem rückwärtsgewandtes Denken, wie das des Fundamentalismus und des religiösen Extremismus so viele Anhänger findet, auch in Europa.

00:48:04: Und was können wir dagegen tun?

00:48:06: Wie können wir diese Strömungen in irgendeiner Form zurückdrängen?

00:48:13: Also, wenn man sich das mal geschichtlich anschaut, diese fundamentalistische Welle, die ... Nicht exklusives zum Islam, aber Islam am starsten ausgeprägt ist.

00:48:25: Die hat eigentlich in den siebziger Jahren schon begonnen.

00:48:28: Also nach dem Weltkrieg, in den fünftiger Jahren, gab es großen Optimismus und es gab das... Besonders bei denen, die sich mit Religion beschäftigt haben, die haben gesagt, die Welt wird immer rationaler, Religion wird verschwinden.

00:48:43: Der große Fortschritt, wir waren immer fortschrittlicher, immer rationaler, mehr weniger Geheimnisse müssen erklärt werden, der Religion wird verschwinden.

00:48:53: Welt eben sehr, sehr schnell geändert.

00:48:55: Und man hat gemerkt, durch diesen Fortschritt und auch den technischen Fortschritt werden die Fragen eigentlich immer größer.

00:49:02: Auch der Wandel, die Geschwindigkeit des Wandels und die Krisen, die passieren, die bringen Leute nicht dazu, von der Religion wegzugehen, sondern einen ganzen Gegenteil, diese klare Gewissheit und Identität wiederfinden zu wollen.

00:49:16: Und deswegen haben wir den Aufstieg von fundamentalistischen Bewegungen übrigens nicht nur im Islam, auch in der in der Christenheit und auch im Judentum seit den Siebziger, Achtziger, Neunziger Jahren.

00:49:28: Im Islam ist es so, dass das eben tatsächlich eine der dominanten auch politischen Strömungen wurde und dass das das bestimmt, was wir jetzt an politischer Auseinandersetzung mit dem Islam und Innerheit des Islams haben.

00:49:41: Was kann man dagegen tun?

00:49:43: Ich glaube, in unseren westlichen Gesellschaften ist die Antwort zu differenzieren und Nicht zu sagen, alle Muslime sind dasselbe und nicht zu sagen, ihr seid alle verdammt und wir können mit euch nichts anfangen.

00:49:56: Wir leben nun mal und das ist die Tatsache in Europa, in multikulturellen Gesellschaften insofern, als dass wir viele Menschen jetzt hier haben, die vor fünfzig Jahren hier noch nicht waren.

00:50:09: Und wir müssen lernen, auch in westlichen Gesellschaften mit dem Islam zurechtzukommen.

00:50:14: Und nicht alle Muslime zu verdammen, sondern ihnen ein... eine Tür zu öffnen in unsere freiheitliche, liberale, pluralistisch und demokratische Gesellschaft.

00:50:24: Das erfordert von denen, dass sie Kompromisse machen, aber das erfordert von uns auch, dass wir die Leute dann akzeptieren und sagen, auch Mohammed kann ein Österreicher sein.

00:50:35: Frau Schröntzer, ein kurzes... Sie haben das Schlusswort, aber ein relativ kurzes Bitte.

00:50:40: Wir sind jetzt schon fast am Ende der Zeit.

00:50:42: Ja,

00:50:43: wir leben in einer säkularisierten Welt.

00:50:45: Der Westen ist säkularisiert.

00:50:47: Und wir haben verlernt, überhaupt zu verstehen, was religiöse Menschen meinen.

00:50:52: Wir glauben immer nicht, dass das Religion ist.

00:50:55: Wenn jemand sagt, ich töte im Namen meines Gottes oder ich mache dies oder jenes, weil ich ins Paradies kommen will, dann glauben wir immer, da sind irgendwelche sozialen Missstände hinter, die wir aufdecken müssen.

00:51:04: Haben wir sie aufgedeckt und behoben, dann ist die Religion nicht mehr so stark.

00:51:09: Das stimmt aber nicht.

00:51:10: Religiöse Menschen, nicht nur Muslime, religiöse Menschen, zutiefst religiöse Menschen, glauben das, was die Religion ihnen vorgibt.

00:51:19: Und ich glaube, ich glaube, dass wir das ernst nehmen müssen.

00:51:23: Ansonsten werden wir nicht verstehen, wie Menschen denken, die sich gegen unsere Gesellschaft wenden und glauben dafür, legitimiert zu sein.

00:51:33: Meine Meinung nach, da bin ich jetzt, habe ich doch noch einen Punkt, wo ich nicht ganz mit ihnen einer Meinung bin.

00:51:38: Ich kann mich

00:51:39: mal darauf einziehen.

00:51:40: Ja, das ist das Gute.

00:51:43: Ich denke, dass wir klare Regeln brauchen für alle.

00:51:48: Dieses Schwammige, wir handeln jetzt mal alles aus.

00:51:51: Das ist für eine multikulturelle Gesellschaft, die sich schlecht schnell verändert.

00:51:56: Absolut das Gift, weil jeder glauben kann, dass er mit dem nötigen Druck seine Ziele durchsetzen kann.

00:52:02: Wir brauchen aber eine gemeinsame Erzählung.

00:52:04: Wir brauchen etwas, auf das alle verpflichtet sind.

00:52:08: Und wenn wir uns anschauen, wo ... Gesellschaften gut funktionieren, die in einem schnellen Wandel sind, dann ist es dort, wo Regeln klar sind für alle.

00:52:17: Und das, was Religion in einer fundamentalistischen Spielart anbietet, ist ja nun auch nichts anderes als klare Regeln.

00:52:26: Also von daher klare Regeln setzen.

00:52:28: Aber da widerspreche ich auch überhaupt.

00:52:29: Und nein, es gibt doch

00:52:30: nicht ein harmonisches

00:52:32: Ende.

00:52:32: Die Frage ist, was diese klaren Regeln sind.

00:52:35: Das besprechen wir das nächste Mal.

00:52:36: Vielen herzlichen Dank, Frau Schröter, Herr Neumann.

00:52:41: Und wenn Sie nach diesem Gespräch gerne noch mit zusätzlichem Lesestoff ins Wochenende starten möchten, dann verweise ich Sie auf die Bücher der Pendelgäste.

00:52:49: Oder bis siebten Dezember können Sie noch die Presse zum halben Preis lesen, digital gedruckt oder in Kombi.

00:52:56: unter abo.depresse.com finden Sie das Abo Ihrer Wahl aktuell um fünfzig Prozent reduziert.

00:53:02: Viel Spaß beim Lesen und schönes Wochenende.

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