Ein vertraulicher Gipfel in den Alpen: Wo eine junge Elite über Europas Zukunft nachdenkt
Shownotes
Gast: Susanna Bastaroli, Außenpolitik "Die Presse" Moderation: Anna Wallner Schnitt: Audiofunnel/Dominik Lanterdinger
Anfang Dezember versammelte die französische Zeitschrift „Le Grand Continent“ rund 180 Politikerinnen, Intellektuelle und Wissenschaftler zu einer vertraulichen Konferenz im italienischen Aostatal – hoch oben in den Alpen, unweit des Matterhorns. Diskutiert wurde über Europas Rolle in einer veränderten Weltordnung: über den Krieg in der Ukraine, das Verhältnis zu den USA, Migration, die Krise liberaler Demokratien und die Frage, ob Europas politische Mitte noch handlungsfähig ist. Das Treffen fand zum dritten Mal statt, die Gespräche dort unterliegen den Chatham House Rules und man muss explizit eingeladen werden.
Als eine von wenigen Journalistinnen eingeladen war in diesem Jahr erstmals unsere Kollegin Susanna Bastaroli, die stellvertretende Leiterin der Außenpolitik der „Presse“. Sie berichtet im Podcast von der Atmosphäre dieser Tage. „Es war eine frische Luft an neuen Ideen“, sagt sie, „ein großes Bedürfnis, genau hinzuschauen“. Die Gespräche hätten gezeigt, dass Europa sich selbst hinterfrage: „Wir haben uns auf die Couch gelegt und gefragt: Was machen wir falsch?“ Der Grundtenor war ihrer Meinung nach eindeutig: Europa muss sozial, wirtschaftlich und politisch auf eigenen Beinen stehen. Warum ist diese Konferenz vertraulich? „Die Idee war, offen sprechen zu können – ohne Angst, dass jedes Wort sofort nach außen getragen wird.“
Sie berichtet, wer hinter der Zeitschrift „Le Grand Continent“ steckt und wer diesmal in den Alpen zu Gast war. Österreichische Politiker waren nicht dabei. Bastaroli sagt: „Wenn Österreicher etwas zu sagen haben, werden sie sicher eingeladen.“
Alle Presse-Podcasts gibt es jetzt gebündelt auf [YouTube] /(https://www.youtube.com/@DiePressePodcasts)) Abonnieren Sie uns dort. Schreiben Sie uns an: podcast@diepresse.com
Wenn Sie noch mehr von uns hören wollen, hier finden Sie alle unsere Podcasts [www.diepresse.com/player] (https://www.diepresse.com/player/?utmsource=podigee&utmmedium=podcastshownotes))
Transkript anzeigen
00:00:05:
00:00:09: Europa steht am Ende dieses Jahres, ganz schön unter Druck.
00:00:14: Von außen durch eine veränderte US-Politik, aber auch durch den Krieg in der Ukraine, der bald vier Jahre dauert und durch geopolitische Machtverschiebungen.
00:00:24: Von innen durch eine Krise liberaler Demokratien, durch Misstrauen und das Gefühl vieler Menschen, dass Politik ihr Leben nicht mehr erreicht.
00:00:33: Anfang Dezember haben sich rund hundert-achtzig Politikerinnen, Intellektuelle und Wissenschaftler im italienischen Aus total getroffen.
00:00:41: Zu einer vertraulichen Konferenz der französischen Zeitschrift Legrand Continont.
00:00:46: Der Ort, ein Kurhotel in den Alpen, unweit des Matterhorns.
00:00:50: Und die Fragen, die dort diskutiert wurden, das waren zum Beispiel solche wie, wie wehrhaft ist Europa noch und wie reagieren vor allem progressive und linke Kräfte auf eine Welt, die härter, konfliktreicher und weniger berechenbar geworden ist.
00:01:03: Einer der wenigen Journalistinnen, die dort dabei war, ist meine Kollegin Susana Basteroli, Außenpolitik-Redakteurin bei der Presse.
00:01:10: Sie ist gebürtige Italienerin und österreichische Staatsbürgerin und sie bringt damit einen ganz besonderen Blick auf diese Debatten mit.
00:01:18: Sie sagt Legrand Continent kann man nicht mit DAWOS oder der Münchner Sicherheitskonferenz vergleichen, bei der Rahmen viel kleiner und informeller sei.
00:01:27: Mit ihr spreche ich jetzt jedenfalls darüber, wie sie diese Tage in den Bergen erlebt hat, worüber dort wirklich gestritten wurde und was diese Gespräche über den Zustand Europas und seiner politischen Mitte
00:01:38: verraten.
00:01:42: Sie hören, was wichtig ist, den Nachrichten-Podcast der Presse am XXIII.
00:01:46: Dezember.
00:01:47: Mein Name ist Anna Wallner und ich spreche in dieser Folge mit Susanna Basteroli darüber, wie sie diese Tage in den Bergen erlebt hat, worüber dort wirklich diskutiert wurde und was die Gespräche über den Zustand Europas und seiner politischen Mitte
00:02:00: verraten.
00:02:05: Susanna, du warst Anfang Dezember bei der Konferenz Le Grand Continent in den Alpen.
00:02:10: Da waren sehr viele unterschiedliche europäische Akteure, die da zusammengekommen sind.
00:02:14: Wenn du versuchst, diese Tage nicht analytisch, sondern uns atmosphärisch zu beschreiben, welches gemeinsame Grundgefühl hast du da gespürt bei dieser Konferenz?
00:02:24: Ja, es war eine frische Luft, also nicht nur weil wir in den Alpen waren, sondern eine frische Luft an neuen Ideen.
00:02:30: Es war ein großes Bedürfnis da und ein großes Interesse genau hinzuschauen, neue Konstruktivitäten zu entwickeln angesichts dieser allgemeinen Orientierungslosigkeit, die Europa verspürt.
00:02:47: Und es war jung.
00:02:48: Es war eine sehr junge Initiative.
00:02:51: Und wenn wir jetzt, bevor wir uns die Details von dieser Konferenz ansehen, wenn man diese Konferenz jemanden beschreiben würde, der noch nie etwas darüber gehört hat und auch nicht dabei war, was würdest du dann dieser Person sagen, wie wurde dort über Europa gesprochen?
00:03:05: Jetzt war ein Europäer.
00:03:06: Das heißt, das war eine Selbstanalyser.
00:03:08: Ich würde vielleicht sogar sagen, sie haben sich selbst auf die Couch gelegt.
00:03:12: oder man hat sich auf die Couch gelegt und man hat sich angeschaut.
00:03:16: die Kritik aus den USA analysiert und man hat sich gefragt, was machen wir falsch, ist die Kritik gerechtfertigt, analysieren wir das Problem und finden wir Lösungen.
00:03:28: Das würde ich sagen.
00:03:29: Ich muss ja sagen, ich habe dich auch eingeladen, weil ich habe von dieser Konferenz noch nie gehört gehabt.
00:03:33: Und ich wollte mal wissen, was ist das eigentlich, fand das zum ersten Mal statt in der Form.
00:03:38: Es ist ja der gleiche Name wie ein Magazin, ein französisches, das dahinter steckt.
00:03:43: Also erzähle uns mal ein bisschen etwas über die Herkunft und die Idee dieser Konferenz.
00:03:48: Also die Konferenz findet zum dritten Mal statt und zwar im Auster-Tal, also in Neuertitalien, à Mont Blanc.
00:03:57: in dieser autonomen Region, die eigentlich in einem Dreiländereck sich befindet, also zwischen Frankreich, Schweiz eben und Italien und die eigentlich im Herzen Europas ist oder beziehungsweise am Dach Europas.
00:04:11: Le Grand Continent ist eigentlich eine sehr bekannte geopolitische Zeitschrift in der Zwischenzeit.
00:04:17: Es hat sich entwickelt zum Forum für Ideen-Austausch.
00:04:23: von Ideen in dem unterschiedlichste Intellektuellen aus ganz Europa mittlerweile publizieren, auch Politiker, Schriftsteller.
00:04:32: Ja, und die Idee dieser Konferenz war einfach, intellektuelle Politiker, Wissenschaftler aus Europa und nicht nur zusammenzubringen für drei Tage eben in dieses, in einem wunderschönen Jahrhundert, wenn der Hotel im Dort sind wir in Saint-Even, eben im Auster-Dal und einfach sich zu überlegen, was sind unsere Probleme, wie können wir jetzt besser machen, welche Ideen können wir konstruktiv entwickeln, damit wir für die Zukunft gerüstet sind?
00:05:07: Ich
00:05:07: habe es verglichen, weil ich ja nicht dort war und nur von den Erzählungen mit so einem Wes Anderson Film, wie das Grand Budapest, da hast du den Kopf geschüttelt und gesagt, nein, das ist es, so ist es nicht.
00:05:16: Nein, stimmt.
00:05:17: Das Setting vielleicht, also vermutlich das Hotel hatte ein bisschen... an Grand Hotel Budapest erinnert euch vielleicht ab.
00:05:24: Vielleicht auch nicht, aber es war keine Stimmung der Dekadent.
00:05:27: Also überhaupt keine Stimmung der Dekadent zum Gegenteil.
00:05:30: Es war Aufbruchstimmung.
00:05:31: Es wurde diskutiert beim Mittagessen, beim Frühstück, beim Abendessen.
00:05:35: Am Abend wurde dann, gab es eine Lesung, eine Kafka-Lesung bezeichnenderweise.
00:05:40: Und da wurde weitergesprochen und diese Konferenz wurde einfach ein Forum für Leute aus unterschiedlichen Ländern und unterschiedlichen Richtungen einfach auf sehr hohen Niveau diesen Austausch.
00:05:54: Du hast jetzt gerade das Magazin erwähnt.
00:05:55: Das ist ja auch noch gar nicht so alt.
00:05:56: Das ist ja, glaube ich, erst seit Jahrzehnten und neunzehnten gegründet worden.
00:06:00: Und wer steckt denn da dahinter?
00:06:02: Also, wer sind die Personen, die da eingeladen haben?
00:06:05: Wer finanziert auch so eine Konferenz?
00:06:08: Also, die Lagrangfrontina wurde seit Jahrzehnten und neunzehnten gegründet.
00:06:12: Das ist eben gesagt eine Zeitschrift mittlerweile.
00:06:14: Die Idee entstand ein paar Jahre davor an einer französischen Elite Uni, an der Kader-Schmiede Ecole Nationale Supérieure.
00:06:23: Da haben sich einfach eine Gruppe von Studenten zusammengetan, die ein großes Interesse in Geopolitik haben und haben einfach so eine Studiengruppe gegründet.
00:06:32: Geopolitische Studiengruppe.
00:06:34: Aus der wurde dann ein Think Tank und dann wurde eine Zeitschrift und am Anfang gab es einfach kein Geld.
00:06:40: Also es war wirklich nur die Idee, die Begeisterung, die Leidenschaft.
00:06:44: die Welt zu verstehen.
00:06:46: Und aus dieser Zeitschrift wurde eben ein international anerkanntes Magazin und nach wenigen Jahren entstand dann die Idee, die Autoren, die in dieser Zeitschrift publizieren, zusammen zu tun, eben einmal im Jahr.
00:07:04: diesen Austausch zu fördern, sie diskutieren zu lassen.
00:07:07: Und im Hintergrund steckt da eigentlich ein sehr junger Verlieger, oder?
00:07:10: Wer ist das?
00:07:11: Genau,
00:07:12: der Gründer dieser Initiative ist ein junger Mann, für den dreißig Jahre alt.
00:07:17: Cilgressani heißt er, er ist eigentlich Italiener, stammt aus dem Auster-Tal, deshalb findet das auch Deutschland.
00:07:24: Er hat, glaube ich, dann, also die Region muss sagen, ist zweisprachig, also Menschen aus dem Auster-Tal sprechen so französisch, ist auch italienisch, ich glaube... Er hat die Schule in Frankreich abgeschlossen.
00:07:36: Ich bin nicht sicher, er hat auf jeden Fall aber in Frankreich studiert.
00:07:40: Und ja, und er hat, also wie gesagt, thirty-four.
00:07:43: Politico nannte ihn als einer der vierzig Einflussreichsten Menschen in Frankreich mittlerweile oder einer der Menschen, die am stärksten die französisch Außenpolitik mitprägen und gestalten.
00:07:58: Ja, und er hat es einfach geschafft in kürzester Zeit.
00:08:02: Das Netzwerk auf die Beine zu stellen, finanziert wird die Initiative von unterschiedlichsten Sponsoren, also Firmen sind dabei, ich glaube Versicherungen, Banken, ich glaube es gibt auch Unterstützung aus dem EU-Parlament mittlerweile.
00:08:20: Ja, er hatte die Idee, er hat gesagt, wir müssen reden und hat es... realisiert.
00:08:27: Von
00:08:27: außen wirkt es ein bisschen so, ob das ist, was das europäische Forum einfach gerne wäre.
00:08:31: Weil jetzt frage ich nämlich die nächste Frage, wer kommt denn da aller?
00:08:35: Und die Liste an Teilnehmerinnen und Teilnehmern ist schon sehr prominent.
00:08:40: Also ich meine sicher, solche Frauen gibt es vermutlich etliche in Europa.
00:08:44: Was mich beeindruckt hat, ist einfach, dass es junge Menschen auf die Beine gestellt haben.
00:08:49: Was es eine Gruppe junger Menschen war, die wirklich in die Zukunft blickt und nicht wir.
00:08:55: oft haben ältere Menschen, die zurückblicken und uns dann die Welt erklären wollen.
00:09:01: Sie hören zu, das fand ich spannend.
00:09:05: Ja und wer kam?
00:09:05: Also es kam also unter anderem erst mal Politiker, es waren Premierminister da, also der kroatische Premierminister, es waren Verteidigungsminister da, ich glaube der Ästische, habe ich den habe ich gesehen, es waren Polizstars da, also da anderen die spanische Vizepremierministerin Yolanda Dias.
00:09:28: Es waren Nobelpreisträger da, also die ukrainische Nobelpreisträgerin von zwanzig zwanzig, also Menschreichsaktivistin.
00:09:37: Es waren Schriftsteller da, unter anderem der Emmanuel Karab, der sehr bekannte französischer Schriftsteller, Bernal Labaty, klinischer Schriftsteller, Juliano de Empoli, bekannt wegen seines Putin-Romans.
00:09:53: unterschiedlichen, wie gesagt, das unterschiedlichen Richtungen.
00:09:56: Es waren sehr viele Wissenschaftler da, also Akademiker, auch aus den USA.
00:10:01: Und wenn ich jetzt kurz mich unterbreche, und das im deutschsprachigen Raum, weil du hast jetzt sehr viel Franzosen, Spanier und so weiter,
00:10:08: war das
00:10:08: deutschsprachige Raum
00:10:09: vertreten.
00:10:10: Aus dem deutschsprachigen Raum waren, ja, doch, es war der Berater von von dem ehemaligen Kanzler, deutschen Kanzler Scholz war da, als von Leuten aus der Kommission da, EU-Parlament.
00:10:23: Es waren aus ganz Europa Menschen vertreten.
00:10:26: Und wie gesagt, aus den USA auch, aus Lateinamerika, Zentralbank aus Lateinamerika.
00:10:32: Nein, es waren eigentlich alle Nationen, glaube ich, ziemlich ähnlich vertreten.
00:10:37: Also ich habe jetzt nicht das Gefühl gehabt, dass eine oder jetzt vor allem die Südeuropäischen Länder stärker vergeben sind im Gegenteil.
00:10:46: Es war wirklich ein europäisches Forum mit Leuten auch von anderen Ländern.
00:10:52: Wenn man dir zuhört, merkt man also, dass dich diese positive Kraft begeistert hat und gerade in einem Jahr, in dem wir uns ja gerade auch aus Europa mit ein bisschen einem... Wechsel, was die Betrachtung von außen anbelangt, konfrontiert sehen.
00:11:06: Ganz konkret meinen wir dann durch die US-Sicherheitsstrategie, die Europa als alt, wach und dekadent zeichnet.
00:11:12: Und du schildest bei dieser Konferenz, ist dieses Europa ganz anders aufgetreten.
00:11:15: Jetzt frage ich dich.
00:11:17: Wie stark hat dieses amerikanische Narrativ, das da jetzt von Trumps zweite Amtszeit gezeichnet wird, diese Diskussionen und auch diese Konferenz geprägt?
00:11:26: War das nämlich an viel Thema, oder?
00:11:29: Also ich meine Sicherheitsstrategie, die bekannte Sicherheitsstrategie kam, wurde erst nach der Konferenz veröffentlicht.
00:11:35: Aber natürlich, der Elefant in Raum war Trump.
00:11:38: Also es waren wohl noch viele Witze gemacht darüber, weil man, also jedes Panel, also ich nochmal zum Aufbau der Konferenz, die Konferenz war so aufgebaut.
00:11:45: dass es zu verschiedenen Themen Arbeitsgruppen gab und dass es wurde dann mit dem Publikum diskutiert.
00:11:56: Und bei einem Panel, das fand ich sehr bezeichnend und auch sehr witzig, hat die Moderatorin dann gemeint, also zu Trump darf man Erzner zweiten Runde was sagen.
00:12:06: Also es war wirklich, also die USA war der Elefant in Raum.
00:12:11: Ich glaube, was natürlich dabei war, die Bemühungen, die Mühe zu verstehen, ist die Kritik gerechtfertigt.
00:12:19: Stimmt es?
00:12:20: Sind wir dekadent?
00:12:21: Wo müssen wir was verändern?
00:12:24: Und wie können wir vor allem unsere Beziehung, die transatlantische, wie können wir uns rüsten, wie können wir die Beziehung zu den USA gestalten?
00:12:33: In welcher Form sollen wir sie gestalten in den nächsten Jahren?
00:12:36: Und natürlich weiter Grundtenor.
00:12:38: Wir müssen uns... sozial, wirtschaftlich und politisch abnabeln.
00:12:45: Wir müssen auf eigenen Beinen stehen.
00:12:47: Ich meine, das ist eh das, was man jetzt dauernd hört.
00:12:49: Und es wurde auch eben, wie gesagt, sehr viel über die Ukraine diskutiert.
00:12:53: Und da war auch der Grundtenor.
00:12:55: Wir müssen uns rüsten, Europa muss wehrhaft werden.
00:13:00: Das sind E-Sachen, die man immer hört.
00:13:01: Aber ich glaube, was originell war daran, war wirklich, schauen wir uns mal an, was sie uns vorwerfen.
00:13:08: Stimmt es.
00:13:09: Welche, welche, also auch hier zum Beispiel bei der Migrationsfrage, stimmt das?
00:13:14: Und welche Schlüsse können wir daraus ziehen?
00:13:16: Und vor allem, wie können wir diese Schlüsse in Politik umsetzen?
00:13:20: Und ich glaube, dass diese Ansatz hat mir gefallen.
00:13:23: Es waren manchmal originelle Ideen dabei, manchmal war es weniger originell.
00:13:27: Aber es war einfach dieser Ansatz.
00:13:30: Analysieren wir das Problem erst, hören wir zu und dann überlegen wir, können wir Lösungen finden, können wir es umsetzen?
00:13:37: Du hast aber auch geschrieben, einer der Appelle, der zu hören war, geht in die Arena und kämpft ums Überleben.
00:13:42: Das ist ja recht martialisch.
00:13:43: Wie genau war denn das gemeint?
00:13:45: Ja, also ich glaube, das hat mir fast am besten gefallen.
00:13:48: Das war eine französische Politologin, die sich stark befasst mit illiberalen Ideologien und Tendenzen.
00:14:01: Und sie hat gesagt, es ist mittlerweile ... so dass eben liberal Demokratien in der Defensive sind und stark angegriffen werden von vielen Seiten, dass sie das aber nicht einsinn wollen, dass sie nicht sehen, dass sie einfach geschwächt sind, dass sie nicht mehr auch nicht mehr den Willen der Bevölkerung repräsentieren.
00:14:24: Also sie hat gesagt, falls diese Form der Demokratie überleben will, muss sie sich einfach den Konkurrenzkampf stellen mit diesen neuen Bewegungen, die überall aufpoppen.
00:14:39: So weit sind wir noch nicht mal, dass wir sehen.
00:14:42: dass wir in diesem Konkurrenzkampf uns schon längst befinden.
00:14:46: Du meinst mal Lin-LaRuel, oder?
00:14:47: Genau, Lin-LaRuel.
00:14:48: Die
00:14:48: du auch dann noch interviewerst.
00:14:49: Genau.
00:14:51: Aber wenn ich dir jetzt zuhör, ich meine, man bekommt schon den Eindruck, dass die Gruppe, die dort diskutiert hat, sehr homogen war, also eher die linke Europas und sich zum Beispiel jetzt nämlich an rechtskonservative Pro-Orbanisten eher nicht darunter gefunden haben.
00:15:04: Oder stimmt das nicht?
00:15:05: Also
00:15:05: links war es auf keinen Fall, außer vielleicht ein oder zwei.
00:15:09: Es war sicher... Viel Mitte, also würde ich sagen.
00:15:14: Aber eben zum Beispiel Orban-Unterstützer und die Rechte Europas, war die dort auch vertreten?
00:15:21: Es waren rechtskonservative Politiker da, es waren auch rechtskonservative Politologen da und es waren zum Beispiel zwei sehr interessante Einwände, der eine.
00:15:35: Der Gemeind hat eben diese These entwickelt von einem Aufstand der unteren Mittelschicht.
00:15:41: Er hat gesagt, wir können überhaupt nicht mal von rechts und links sprechen.
00:15:45: Also ich meine, diese neue Konkurrenz findet innerhalb der Gesellschaftsschichten statt und, wie gesagt, während die europäische Elite die obere Mittelschicht profitiert von Migrationen und von verschiedenen Tendenzen, die es gibt.
00:16:02: ist die unteren Mittelschicht die Verlierer und die vertreten wir einfach nicht mehr.
00:16:07: Also es gab so, es gab viele Ideen, die gesagt haben, schaut hin, diese Ängste, die Sorgen sind gerechtfertigt, wir dürfen das nicht immer nur in die Kategorie Populismus, Populismus drängen, also sagt hinschauen.
00:16:21: Das war der eine, dann haben wir auch einen anderen.
00:16:23: sehr beeindruckender Jürgenl Bürgermeister, aber auch glaube ich Mitte dreißig einer ärmeren Dat in Belgien, der dann auch gemeint hat, also der auch eine ganz andere Perspektive reingebracht hat.
00:16:37: Er hat gesagt, hört auf, dauernd so abstrakt zu reden, hört auf, dauernd über Demokratiedefizite oder Krisenliberale, Krise der Liberale Demokratie hinzutreten.
00:16:49: Es geht, die Leute wollen, dass die Müllabfuhr funktioniert, die Leute wollen, dass es sicher ist auf der Straße, die Leute wollen.
00:16:57: dass die Kinder in der Schule was lernen.
00:16:59: Also, der hat gesagt, es geht ganz um konkrete Fragen.
00:17:01: Und ich glaube, da haben sich sowohl die sogenannten Rechten, wenn man von rechts und links noch reden kann.
00:17:08: Und die Linken irgendwie gefunden.
00:17:09: Das ist von gesagt hat ja, Politik muss liefern.
00:17:11: Und oft ist dieser Kontakt, das fand ich auch ein sehr interessanter Gedanke zwischen Demos und Kratos, also zwischen Elite und Volkes einfach nicht mehr da.
00:17:22: Also, diese Verbindung fehlt und diese Kritik kam eigentlich ... von beiden Seiten.
00:17:27: Du warst auf jeden Fall einer der wenigen Deutschsprachigen Journalisten, die dort vor Ort war, oder?
00:17:32: Ich überleg grad, also Deutschsprachige, Vertreter waren mehrere.
00:17:37: Journalistin, weil ich glaube ich die einzige Deutsch.
00:17:40: Weil was mir aufgefallen ist, darum frage ich das auch ist, wenn man es googelt.
00:17:43: Also wenn man jetzt versucht etwas herauszufinden über diesen Summit, wie es ja eigentlich heißt, dieser Le Grand Continent Summit, dann findet man eigentlich wenig.
00:17:51: Also deutschsprachig nur deine Texte und man findet auch sonst wenig.
00:17:55: Also ist das so ein bisschen auch die Idee, dass sich hier ein... kleiner Kreis versammelt und man nicht so viel davon nach außen trägt, weil das finde ich dann wieder eher fast schon problematisch.
00:18:05: Weil warum?
00:18:05: Warum soll man nicht die Ideen und Lösungen, die dort präsentiert werden, auch in die Welt tragen?
00:18:10: Nee, das liegt daran, dass die ganzen Diskussionen diesen Tatum House Rules als Regeln unterliegen und dass die Idee war, man kann so offen sprechen.
00:18:22: Also wenn man das ja auf die Angst, wenn man dann die Leute persönlich, also die Protagonisten, persönlich oder diskutanten persönlich zitiert werden, dass sie dann vorsichtiger reden.
00:18:34: Die Idee war einfach, eine gewisse Offenheit zu garantieren und eben... eben dadurch das nicht zu praktisch.
00:18:43: Ja, also das war das Ziel.
00:18:45: Aber war das Ziel auch, dass man daraus dann konkrete Handlungsanweisungen hat?
00:18:49: Genau.
00:18:50: Und die müssen ja eben nach außen gehen.
00:18:52: Ja, ich meine, es werden schon die Ergebnisse publiziert und vor allem in Le Grand Continent, weil es waren ja sehr viele Autoren auch dieser Zeitschrift da, die zum Teil ihre Ideen, ihre Thesen vorgetragen haben, die sie... entweder veröffentlichen werden oder bereits veröffentlicht haben.
00:19:09: Also, es war, wie gesagt, die Idee war, lass uns reden und lass uns einfach so ein Brainstorming auf sehr, sehr hohem Niveau, würde ich sagen.
00:19:19: Lass uns einfach uns austauschen, lass uns offen sein.
00:19:22: Und ja, es war natürlich eine Elite.
00:19:25: Es war jetzt nicht das gesamte Europa vertreten.
00:19:29: Ja, klar.
00:19:30: Dein Fazit war, wenn in einem deiner Texte Europäer sind, gerne Europäer, aber kaum ein Politiker nimmt das wahr.
00:19:37: Wie hast du das genau gemeint?
00:19:38: Genau.
00:19:39: Das habe ich gemeint, weil im Rahmen oder im Laufe auch dieses Sammels wurde eine Umfrage veröffentlicht.
00:19:46: Die Umfrage heißt Europa-Zuggeist, eigentlich von einem sehr bekannten französischen Umfrage-Institut Klasterszen, heißt das, dass diese Umfrage regelmäßig auch für Legons Continents unternehmt.
00:19:59: Und ich meine, unter anderem war ein Fazit, dass eben, ich glaube, es wurden acht große europäische Länder befragt.
00:20:07: Es war ein Fazit, dass die Europäer doch meinen, man muss die Stanz halten zu den USA.
00:20:13: Das waren nur noch neunvierzig Prozent oder so haben gesagt, also sie sehen sogar den Trump, den neuen europäischen Feind und das war noch vor der Öffentlichung der neuen nationalen Sicherheitsstrategie.
00:20:26: Und man muss gleichzeitig auch zu China Distanz halten.
00:20:29: Also die Interpretation aus dieser Umfrage ist, wir sind Europäer, wir müssen auf eigenen Beinen stehen.
00:20:36: Und das war so ein bisschen dann auch die Analyse dieser Umfrage, dass das dann gesagt wurde.
00:20:42: Die Europäer haben ein Gefühl, ein europäisches Gefühl, sie bollen auch eine europäische Eigenständigkeit.
00:20:50: Aber in der allgemeinen politischen Debatte wird es kaum thematisiert.
00:20:56: Also es gibt keine Partei, die das eigentlich aufnimmt als Gedanke.
00:21:00: Also fast alle Parteien haben sehr starke nationalen Agenten, sehen Europa-Eger als Antagonisten an, vor dem man sich verteidigen und schützen wollen.
00:21:12: Und das Fazit war eigentlich, in der Bevölkerung besteht ein ganz anderes Bedürfnis.
00:21:17: und ich fand, was mich auch sehr angesprochen hat.
00:21:21: Bei diesem Summit ist natürlich jetzt vielleicht nicht repräsentativ, ist aber vielleicht doch auch wieder, dass ich es wohne, ganz natürlich sechs Sprachen gesprochen.
00:21:31: Es wurde auf Deutsch, auf Französisch, auf Englisch, auf Spanisch, Italienisch.
00:21:37: Also es wurden unterschiedlichste Sprachen gesprochen, manchmal gleichzeitig, manchmal hintereinander.
00:21:43: Und das war eine absolute, es war absolut natürlich, dass es so war.
00:21:46: Also es war einfach so.
00:21:47: diese Idee, du kannst als europäischer Bürger eine multiple Identität haben.
00:21:53: Das ist überhaupt kein Problem.
00:21:55: Du kannst deine nationale Identität beibehalten und noch sie zusätzlich dazu entwickeln.
00:22:01: Du kannst sich in verschiedenen Sprachen äußern und Und es ist in Ordnung so.
00:22:08: Jetzt muss man dazu sagen, du bist prädestiniert dafür, auf so einer Konferenz zu fahren, nachdem so selber viele dieser Sprachen oder wahrscheinlich sogar alle gut sprichst.
00:22:15: Das weiß ich bei dir gar nicht.
00:22:16: Ich
00:22:17: glaube, dass sehr viele Menschen Europa prädestinieren.
00:22:20: Ich kann dann nicht italienisch, spanisch und französisch, so gut wie Englisch.
00:22:24: Aber
00:22:24: ich glaube Englisch, französisch.
00:22:26: Aber ich glaube, dass man da auch rein wächst in diese Rolle.
00:22:30: Ich glaube, die Idee war auch... um die Welt zu verstehen, muss man auch ein bisschen in die Welt rausgehen.
00:22:35: Und ich glaube, das ist so etwas, was man mitnimmt.
00:22:38: In die Welt rausgehen ist gut, führt mich zu meiner letzten Frage persönlich an dich.
00:22:42: Bist du dann vom Matterhorn oder vom Mont Blanc mit mehr Hoffnung zurückgefahren?
00:22:46: Das klingt so.
00:22:47: Oder was war das Gefühl, mit dem du dann nach Hause gefahren bist, nach dieser Konferenz?
00:22:51: Für mich war es ein sehr schönes Gefühl, weil ich das Gefühl hatte, wie gesagt, ich habe ein neues Europa entdeckt, ein junges Europa.
00:22:57: Ich habe gesehen, es gibt junge Europäer.
00:22:59: und Europäerinnen, die Initiative haben, die Ideen haben, die Lust haben, was zu verändern und die Lust haben, europäisch zu sein.
00:23:08: Und es gab das alte Europa, das ich dort wieder gefunden habe.
00:23:11: Und vielleicht genau dieses alte Europanismus, alten wunderschönen Fändesjagd oder Jahrhundert, Anfang des Jahrhunderts, nicht Fändesjagd oder Hotel über Ostertal, das alte Europa.
00:23:24: das alte europäische Prinzipien einsetzt.
00:23:26: Und zwar die Vernunft und zwar die Vernunft als zentrales Werkzeug der Aufklärung, um Aberglaube von Fanatismus und Dogwin zu bekämpfen.
00:23:37: Und zwar die Idee, dass man sagt, bitte, bitte, bitte, schauen wir uns die Sache an, analysieren wir und urteilen erst später.
00:23:46: Und was jetzt viel passiert und viel zu oft passiert, ist das erste Urteil.
00:23:51: in die Welt gesetzt wird und danach
00:23:53: gedrängt wird.
00:23:54: Genau.
00:23:55: Schöne Schlusswort, aber bevor wir zum richtigen Ende kommen, ist mir jetzt noch aufgefallen.
00:23:58: Wir haben Österreich gar nicht erwähnt, welche Rolle Österreich dort gespielt hat, war zum Beispiel, weil du gerade gesagt hast, das hat dich hoffnungsfroh gemacht, dass deine junge europäische Generation heranwächst.
00:24:08: Gab es da auch österreichische Vertreter von Parteien, die dabei an Bord waren sozusagen?
00:24:15: Ja, aber das gab es nicht.
00:24:17: Ich glaube, das ist doch daran.
00:24:19: Nein, aber ich glaube wirklich, das liegt auch daran, dass das wirklich jetzt mal, wie wir vorgesagt haben, es ist eine Konferenz in Westeuropa stattfindet und angesiedelt wird.
00:24:28: Ich glaube, das ist einfach ein anderes Netzwerk.
00:24:31: Ich glaube nicht.
00:24:32: in dem sich vielleicht Österreich jetzt nicht so bewegen und Österreich ist ein kleines Land.
00:24:36: Also der Fokus lag vermutlich woanders, aber das
00:24:39: würde ich jetzt nicht.
00:24:40: Ein Befund würde ich jetzt mal sagen.
00:24:42: Wenn wir gerade Alpbach erwähnt haben, ist es vor allem Alpbach, dass ich ja auch immer wieder neu erfinden will und gerne so wäre, dass dort auch eine europäische Elite der Mitte zu Gast ist.
00:24:50: Sonst muss man sagen Mont Blanc und Aosta-Tal und Alpbach ist geografisch nicht so weit voneinander entfernt.
00:24:57: Also das wäre schon auch eine Möglichkeit, sich dort hin zu begeben und aufzuzeigen, egal für welche Partei.
00:25:04: Ja, wenn Österreicher was zu sagen haben, werden sie sich dann... Also, man muss eingeladen werden.
00:25:10: Ja, klar.
00:25:12: Aber ich glaube nicht, dass das jetzt bewusst war, wie gesagt, wenn viele kleinere Länder nicht vertreten können.
00:25:18: Wie gesagt, das sind dann andere Foren.
00:25:22: Liebe Susana, danke für diesen Einblick in diese sehr spannende Konferenz.
00:25:26: Danke dir.
00:25:28: Das war, was wichtig ist, der Nachrichten-Podcast der Presse am XXIII.
00:25:32: Dezember.
00:25:34: Die Reportage von Susanna Pasteroli von der Konferenz Le Grand Continent und das Interview mit Marlène La Ruelle, das wir erwähnt haben, habe ich wie gewohnt für sie in den Shownots verlinkt.
00:25:45: Ein Detail noch zum Schluss.
00:25:46: Le Grand Continent vergibt traditionell am Ende der Tagung auch einen Preis, und zwar den Preis für den europäischen Roman des Jahres.
00:25:54: Er ging diesmal an Emanuel Carrère, den französischen Schriftsteller, für seinen neuen Roman Colcos, der bisher noch nicht auf Deutsch erschienen ist und überreicht wurde der dann auch tatsächlich am Gipfel des kleinen Matterhorns.
00:26:06: Ich freue mich, wenn Sie mir schreiben, wie Ihnen diese oder eine der anderen Folgen unseres Podcasts gefallen hat.
00:26:11: Am besten geht das direkt an die Adresse podcast at diepresse.com.
00:26:16: Danke fürs Zuhören und auf bald!
Neuer Kommentar